Vatikan-Prälat fordert Anerkennung homosexueller Liebe

Mit einem Coming-out und deutlicher Kritik am Umgang der katholischen Kirche mit Homosexuellen hat Krzysztof Charamsa, Mitarbeiter der Glaubenskongregation, vor der Familiensynode für Aufregung gesorgt.

Charamsa outete sich unmittelbar vor Beginn der Familiensynode als praktizierender Homosexueller. In einem Zeitungsinterview forderte der polnische Monsignore zugleich eine grundlegende Öffnung der katholischen Kirche für gleichgeschlechtliche Paare. „Ein lesbisches oder schwules Paar muss zu seiner Kirche sagen können: Wir lieben uns nach unserer Natur und mit diesem Gut unserer Liebe wollen wir uns auch für andere einbringen“, forderte Charamsa in der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Samstag. Es sei keine Privatangelegenheit und es gehe nicht nur um sexuelle Befriedigung, sondern um eine öffentliche Tatsache.

Krzysztof Charamsa und sein Lebenspartner Eduard nach der Pressekonferenz am 2. Oktober in Rom.

EPA/Luciano del Castillo

Krzysztof Charamsa und sein Lebenspartner nach dem öffentlichen Outing ihrer homosexuellen Beziehung

„Homosexuell und homophob“

Der polnischen „Newsweek“-Ausgabe sagte der 43-Jährige, der Klerus sei „überwiegend homosexuell und traurigerweise auch homophob bis zur Paranoia, weil es an Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung mangelt“. Er wolle die Kirche nicht zerstören, sondern ihr helfen. „Mein Coming-out soll ein Appell an die Synode sein, ihr paranoides Handeln gegenüber sexuellen Minderheiten aufzugeben.“

Charamsa arbeitet seit 2003 in der Glaubenskongregation und ist zudem Beigeordneter Sekretär der Internationalen Theologenkommission des Vatikan. Er ist außerdem Dozent an den Päpstlichen Hochschulen der Jesuiten und der Hochschule der Legionäre Christi.

Ihm sei klar, dass er sein Priesteramt und wohl auch seine Lehrbefugnis nun verlieren werde, erklärte Charamsa. Er habe diese Entscheidung jedoch nicht getroffen, weil er mit seinem Lebensgefährten zusammen leben möchte. Sie sei in einer intensiven Auseinandersetzung mit der kirchlichen Lehre entstanden.

Verärgerung im Vatikan

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi verurteilte die Äußerungen Charamsas als „schwerwiegend und unverantwortlich“. Über seine priesterliche Zukunft müsse sein zuständiger Bischof entscheiden.

Dieser reagierte umgehend: Der Bischof von Pelplin, Ryszard Kasyna, habe gegenüber Charamsa eine Verwarnung ausgesprochen, damit dieser „zum Amt Christi“ zurückkehre, hieß es in einer am Samstagabend auf der Website der Diözese veröffentlichten Erklärung. Der Bischof fordere „die Priester und Gläubigen auf, in dieser Absicht zu beten“. Die Äußerungen Charamsas stünden im Widerspruch zum Evangelium und der Lehre der katholischen Kirche.

Eine homosexuelle Veranlagung an sich ist nach kirchlicher Lehre keine Sünde, wohl aber praktizierte Homosexualität. Römisch-katholische Priester dürfen weder hetero- noch homosexuelle Intimbeziehungen haben. Die am Sonntag beginnende Weltbischofssynode über Ehe und Familie will auch über den Umgang mit Homosexuellen innerhalb von Familien beraten.

Papst umarmte schwules Paar

Unterdessen sorgt die Umarmung eines laut Medienberichten homosexuellen Paares durch Papst Franziskus während seiner USA-Reise weiter für Schlagzeilen. Der Papst hatte in der vatikanischen Botschaft in Washington einen ehemaligen Schüler und dessen Lebensgefährten herzlich begrüßt. Der Vatikan trat am Freitag Spekulationen entgegen, der Papst habe damit ein kirchenpolitisches Signal senden wollen. Franziskus habe viele „seelsorgerisch motivierte persönliche Kontakte“, die er mit Freundlichkeit, Offenheit und Dialog pflege, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi mit.

Kurienkardinal George Pell hat den Medien eine verzerrte Berichterstattung über die Haltung der katholischen Kirche zur Homosexualität vorgeworfen. Sie stellten es oft so dar, als hasse die Kirche Schwule und Lesben, sagte er am Freitag in Rom bei einem Kongress zum kirchlichen Umgang mit Homosexuellen. Das kritisierte der australische Kardinal als völlig verfehlt.

Respektvoller Umgang mit Schwulen gefordert

Die klare Ablehnung praktizierter Homosexualität, an der nach Pells Worten nicht zu rütteln ist, sei nur ein Aspekt der kirchlichen Lehre. Sie fordere ebenso eine sensible und respektvolle Haltung gegenüber Schwulen und Lesben.

Mit Blick auf die am Wochenende beginnende Bischofssynode über die Familie äußerte der Australier die Hoffnung, dass die Teilnehmer „die Schönheit der katholischen Lehre zu Sexualität und Partnerschaft entdecken.“ Der Kirche gehe es nicht um Verbote, sondern um das Lebensglück des Menschen, betonte Pell.

religion.ORF.at/APA/KAP/AFP/dpa

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