Vatikan dementiert Zweckentfremdung von Spenden

Der Vatikan hat den Vorwurf einer Zweckentfremdung von Spendengeldern für den Papst zurückgewiesen. Inhaltlich widerspricht er den Enthüllungen zweier am Mittwoch publizierter Bücher allerdings nicht wirklich.

„Das Geld, das für den Peterspfennig (Obolo di San Pietro) gesammelt wird, ist für die Armen bestimmt, aber auch für den Dienst des Papstes, so wie das schon im Lauf der Geschichte war“, sagte Sprecher P. Federico Lombardi am Mittwoch laut Kathpress dem Sender Radio Vatikan.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi

Reuters/Alessandro Bianchi

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi

Er schlüsselte auf, welche Bereiche vom „Obolo“ mitfinanziert werden: „Dazu gehören die Römische Kurie, die Initiativen des Papstes außerhalb der Diözese Rom, die Kommunikation seiner pastoralen Katechesen vor Gläubigen und die Unterstützung von 180 diplomatischen Vertretungen in aller Welt, die der Ortskirche dienen, den Papst gegenüber den örtlichen Regierungen vertreten und wesentlich für die Verteilung päpstlicher Hilfsgelder in diesen Ländern zuständig sind.“

Lombardi reagierte damit auf das Enthüllungsbuch „Via Crucis“ des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi, das am Mittwoch in Rom vorgestellt wurde - mehr dazu in Aufdeckerbuch: „Krieg“ im Vatikan. Die deutschsprachige Ausgabe des Buchs über finanzielle Unregelmäßigkeiten im Vatikan und Intrigen der Kurie gegen Papst Franziskus kommt am Donnerstag in den Handel. Es wird vom Salzburger Ecowin-Verlag mit dem Titel „Alles muss ans Licht - Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“ verlegt. Darin wird aus einem vertraulichen Dokument des vatikanischen Staatssekretariats vom Jänner 2014 zitiert, wonach die Behörde alljährlich auf einen „sachfremden Einsatz“ des Peterspfennigs zurückgreifen und einen „beachtlichen Teil davon für den Unterhalt der römischen Kurie abzweigen“ müsse. Dieser werde insbesondere zur Deckung der Personalkosten benötigt.

Peterspfennig: 872.000 Euro aus Österreich

Der Peterspfennig wird jedes Jahr am 29. Juni oder am vorhergehenden beziehungsweise nachfolgenden Sonntag in den Kollekten der katholischen Kirchengemeinden in aller Welt gesammelt. Im Jahr 2013 betrugen die Einnahmen aus dem Peterspfennig insgesamt 57 Millionen Euro. Der jährliche Beitrag Österreichs liegt nach Angaben der Österreichischen Bischofskonferenz bei 872.000 Euro - mehr dazu in Österreichs Kirche überweist Vatikan 872.000 im Jahr.

Laut der offiziellen Internetseite des Vatikan ist der Peterspfennig dazu gedacht, die Sorge des Papstes „um die Erfordernisse der universalen Kirche“ und den „Dienst an den Bedürftigen zu unterstützen“. Bekannt war bisher nur, dass der Peterspfennig während der schweren Finanzkrise des Vatikan unter Johannes Paul II. in den 1980er- und 1990er-Jahren zeitweilig zum Stopfen von Finanzlöchern verwendet wurde.

Eine detailliertere Auflistung für die Verwendung des Peterspfennigs bietet das Buch allerdings nur für 2012, das letzte Amtsjahr von Benedikt XVI. Von den insgesamt 53,3 Millionen Euro, die 2012 durch die Peterspfennig-Kollekte eingenommen wurden, flossen demnach knapp 36 Millionen in den Unterhalt der römischen Kurie. Das Buch Nuzzis führt außer dem Peterspfennig weitere heikle Beispiele an. Er berichtet etwa von 715 Wohnungen des Vatikan, von denen etliche Luxuswohnungen in Toplage sein sollen, die merkwürdigerweise unentgeltlich überlassen werden. Weitere 115 sind demnach für Monatsmieten zwischen 1,72 und 100 Euro zu haben.

Pensionsloch und verschwundene Gelder

Ferner schreibt Nuzzi, Nahrungsmittel, Kleidung und Medikamente im Wert von 1,6 Millionen Euro seien bei einer Bestandsaufnahme nicht mehr auffindbar gewesen. Kurios mutet auch ein Rabattvertrag an, den der Vatikan mit einem Zigarettenhersteller abschließen wollte. Das Buch offenbart zudem, dass die Vatikanbank IOR längst nicht das einzige Sorgenkind des Vatikan ist. So erfährt man, dass im vatikanischen Pensionsfonds ein besorgniserregendes Loch in Höhe von 800 Millionen Euro festgestellt wurde.

Überraschend ist auch, dass ausgerechnet die vatikanische Heiligsprechungskongregation keine Bilanzen vorlegen konnte. Dabei kann eine Heiligsprechung, wie Nuzzi schreibt, in Ausnahmefällen mit den Vergütungen für Ärzte, Theologen und Bischöfe, bis zu 750.000 Euro kosten.

Manch eine Deutung Nuzzis erscheint fraglich, an der Echtheit der verwendeten Unterlagen besteht jedoch kein Zweifel. Der Vatikan hat sie am Montag indirekt bestätigt, indem er die Festnahme von zwei Personen wegen Weitergabe vertraulicher Unterlagen bekanntgab und zugleich das namentlich nicht genannte Buch als Vertrauensverrat am Papst verurteilte. Nuzzi stützt sich auf interne Unterlagen der päpstlichen Kommission für die Neuordnung der wirtschaftlichen und administrativen Angelegenheiten (COSEA). Sie wurde 2013 eingesetzt und 2014 nach Abschluss ihrer Arbeit aufgelöst.

Bücher mit „überholten Informationen“

Die Sachbücher der italienischen Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi über finanzielle Unregelmäßigkeiten im Vatikan und Intrigen der Kurie gegen Papst Franziskus enthielten „überholte Informationen“, sagte Lombardi am Mittwoch außerdem. Sie würden eine bereits abgeschlossene Arbeitsphase betreffen, so der Vatikan-Sprecher.

Den Inhalten der Bücher würde es an „objektiver Bewertung“ der realen Zustände im Vatikan fehlen, und sie würden den falschen Eindruck erwecken, dass im Vatikan Chaos und Mangel an Transparenz herrschen, so Lombardi. Fittipaldis Werk „Avarizia“ (Geiz) ist ebenfalls am Mittwoch in Italien erschienen.

religion.ORF.at/APA

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