„Vatileaks 2“: Ermittlungen und ein Neuanfang

Der Skandal im Vatikan zieht weitere Kreise: Die vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen entwendeter Dokumente, die in die Kritik gerate Stiftung der „Bambino Gesu“-Kinderklinik will indes transparent wie „ein Haus aus Glas“ werden.

Die vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt bereits wegen Akten und Dossiers, die den italienischen Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi zugespielt worden sind. Aber im März 2014 sollen zudem auch Briefe, Fotos und Dokumente aus einem Tresor der vatikanischen Präfektur gestohlen worden sein, was Gegenstand weiterer Ermittlungen ist. Über die Entwendung berichtete Nuzzi in seinem am Mittwoch vorgestellten Werk „Via Crucis“ - mehr dazu in Aufdeckerbuch: „Krieg“ im Vatikan.

120 Konten betroffen

Die deutschsprachige Ausgabe des Buches über finanzielle Unregelmäßigkeiten im Vatikan und Intrigen der Kurie gegen Papst Franziskus kommt am Donnerstag in den Handel und wird vom Salzburger Ecowin-Verlag mit dem Titel „Alles muss ans Licht - Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“ verlegt. Laut Nuzzi befanden sich im Tresor Geheimdokumente über die alte Verwaltung der Vatikanbank IOR.

Aus einem Archiv der sogenannten COSEA-Kommission, die der Papst zur Überprüfung der vatikanischen Finanzlage eingerichtet hatte, soll auch eine Liste von 120 IOR-Konten verschwunden sein, die auf Laien zurückzuführen seien, berichtete Nuzzi. Die Vatikanbank hatte sich verpflichtet, Konten von Laien zu schließen und die Namen der Konteneigner bekannt zu geben.

Bertone bestreitet Vorwürfe

Von den vatikanischen Staatsanwälten geprüft werden zudem die Ausgaben einiger Kardinäle, darunter jene des ehemaligen vatikanischen Staatssekretärs, Kardinal Tarcisio Bertone. Laut dem Journalisten Fittipaldi soll die 200.000 teure Restaurierung von Bertones Wohnung von der Stiftung gezahlt worden sein, die das vatikanische Kinderkrankenhaus „Bambino Gesu“ verwaltet.

Im Gegenzug habe Bertone die Räume der Stiftung für nicht näher definierte „institutionelle Zwecke“ zur Verfügung gestellt. Dies sei dem Vatikan im März 2014 von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers (PwC) in einem Bericht mitgeteilt worden, schreibt Fittipaldi. Bertone bestritt den Vorwurf vehement.

Tarcisio Bertone

Reuterrs/Alessandro Bianchi

Kardinal Tarcisio Bertone

296 Quadratmeter zu viert

Als „Schande“ bezeichnete Bertone die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. „Es ist fast unmöglich, sich gegen Verleumdungen zu verteidigen“, klagte Bertone im Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Donnerstag.

Er habe die Restaurierung seiner Wohnung mit seinen eigenen Ersparnissen finanziert. Dabei bleibe die Wohnung im Besitz der vatikanischen Güterverwaltung APSA. Er bestritt, dass er im Luxus lebe. „Die Wohnung ist 296 Quadratmeter groß. Ich wohne dort mit einer Gemeinschaft aus drei Ordensschwestern, die mir helfen“, sagte Bertone.

Transparenz versprochen

Die Skandalenthüllungen haben auch bei der der Stiftung der „Bambino Gesu“-Kinderklinik einen Stein ins Rollen gebracht. Wie Radio Vatikan am Donnerstag berichtet, sei der neue Vorstand am Mittwoch zum ersten Mal zusammengetreten und habe Transparenz versprochen. Die Sitzung erfolgte nach der Ernennung der neuen Führungskräfte durch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

Kardinal Parolin gab seine Leitlinien laut Radio Vatikan in einem Schreiben an die Vorstandssitzung vor, da er persönlich nicht anwesend sein konnte. Die Stiftung solle auf einer „völlig neuen“ Basis beginnen, hieß es. Parolin dankte den Vorstandsmitgliedern, die er mit „brüderlicher Ermutigung“ unterstützen wolle, dafür, „eine schwierige Aufgabe“ übernommen zu haben und sich dafür von Dienstbereitschaft und Uneigennützigkeit leiten zu lassen.

Neuanfang für „Bambino Gesu“

Bei dem Treffen in Rom bestätigte der Vorstand die neuen Statuten. Sie regelten die Abläufe in einer „komplett erneuerten“ Stiftung und zielten ab auf Gewährleistung von „Transparenz, Solidarität und Innovation“, so Stiftungspräsidentin Mariella Enoc. Die Stiftung solle künftig „ein Haus aus Glas“ sein. Die Sammlungen für das Krankenhaus dienten „Forschung, Innovation und Solidaritätsinitiativen in der internationalen Arena“.

In ihrer Mitteilung vom Mittwoch geht die Stiftung nicht direkt auf den Vorwurf ein. Die Stiftung soll 2012 auch für einen „Marketing-Einsatz“ des Kardinals in Süditalien einen Hubschrauber gechartert haben. Die Kosten dafür beliefen sich laut dem Bericht auf 23.800 Euro.

Die 1869 gegründete Kinderklinik „Bambino Gesu“ ist eines der führenden Kinderkrankenhäuser in Italien, war aber in den letzten Jahren finanziell in Schwierigkeiten geraten. Die neuen Vorstandsmitglieder sind die Präsidentin Mariella Enoc (71), eine Managerin aus Novara sowie die Wirtschaftsfachleute Peter Brunette, Ferruccio De Bortoli, Maria Bianca Farina, Catherine Samson, Anna Maria Tarantola und Antonio Zanardi Landi.

religion.ORF.at/KAP/APA

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