Gänswein: Papst-Dokument zu Familiensynode erst 2016

Nach den Worten des Präfekten des Päpstlichen Hauses und Privatsekretärs des Papst-Emeritus, Kurienerzbischof Georg Gänswein, wird das Schreiben von Papst Franziskus zur Familiensynode heuer nicht mehr erscheinen.

„Und dann wird es nicht mehr allzu lange dauern“, sagte Gänswein am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion in Passau. Eine Prognose zum Inhalt wollte er nicht wagen. „Ich bin kein Prophet und auch nicht sein Ghostwriter.“ Aber auch ihn bewege es, welche Schlüsse Franziskus aus dem Abschlusstext („Relatio Synodi“), den man als „Steinbruch“ zu verstehen habe, ziehen werde.

Papst Franziskus und Georg Gänswein

APA/EPA/Ettore Ferrari

Kurienerzbischof Georg Gänswein (re.) mit Papst Franziskus

„Bin nicht sein Ghostwriter“

Erzbischof Gänswein trat gemeinsam mit Margot Käßmann, Botschafterin des Reformationsjubiläums 2017, bei der Abschlussveranstaltung der Reihe „Menschen in Europa“ im Passauer Medienzentrum auf. Das Thema lautete „Wie viel Reform(ation) braucht die Kirche?“ Einig waren sich Käßmann und Gänswein beim Thema „Islamistischer Terrorismus“. Es sei eine „Schande, wenn Terroristen bei ihren Schandtaten den Namen Gottes missbrauchen“. Weitgehend, aber nicht völlig einig waren sich beide hingegen bei den wichtigsten Punkten, um die Austrittsbewegung aus den großen Kirchen zu stoppen.

Gänswein: Charamsa-Vorwurf „unverschämt“

Ein Thema in diesem Zusammenhang war der Umgang mit Homosexualität. Von Moderatorin Bettina Schausten (ZDF) zu dem wegen seines Outings in Ungnade gefallenen früheren Kurien-Mitarbeiters Krzysztof Charamsa befragt, sagte Gänswein: „Ich breche nicht den Stab über ihn persönlich.“ Allerdings werfe er ihm vor, den Vorabend der Familiensynode für seine Geschichte genutzt zu haben. Auch dessen Vorwurf, die Kirche mache für Millionen Homosexuelle weltweit das Leben „zur Hölle“, halte er für „unverschämt“.

Charamsa selbst kenne er gut, führte Gänswein weiter aus. Immerhin sei dieser sein Nachfolger als Sekretär bei der Glaubenskongregation gewesen. Der Erzbischof charakterisierte ihn als „glänzenden Mann“ sowie als „loyalen, guten und treuen Mitarbeiter“.

Der 43-jährige Pole hatte sich Anfang Oktober mit seinem katalanischen Partner in Rom als homosexuell geoutet. Der Glaubenskongregation warf er eine „paranoide Homophobie“ vor. Darauf verlor er seinen Posten im Vatikan sowie seine Lehrbefugnis für päpstliche Hochschulen. Zwei Wochen später suspendierte ihn sein Heimatbischof im polnischen Pelplin von seinen priesterlichen Aufgaben. Ihn bewege die Geschichte sehr, räumte Gänswein ein. Zugleich verteidigte er die Maßnahmen gegen Charamsa. „Die Kirche braucht Mut, Klarheit und Eindeutigkeit zum Evangelium.“

Käßmann: Abwerbung nicht akzeptabel

Margot Käßmann plädierte bei der Diskussion dafür, angesichts der hohen Austrittszahlen jene zu stärken, die in der Kirche sind. Immerhin seien nach wie vor gut 50 Prozent der Menschen in Deutschland Mitglieder einer der beiden großen Kirchen. Ihnen müsse geholfen werden, dass sie dazu auch weiter stehen könnten. Eine Absage erteilte sie dagegen Vorschlägen, Katholiken, die mit ihrer eigenen Kirche unzufrieden seien, abzuwerben.

Kritisch sieht die frühere Landesbischöfin in ihrer Kirche die Entwicklung, dass es in den Familien keine Tischgebete mehr gebe und die Erziehung mit biblischen Geschichten zunehmend ausfalle. Damit gehe ein Abbruch von Wissen einher. Die Leute kauften zwar besondere Bibelausgaben mit Goldschnitt, wenn sie zu den Festtagen in Kaffeegeschäften günstig angeboten würden, „sie lesen sie aber nicht“, sagte Käßmann. Dabei habe Martin Luther immer wieder zum Lesen der Bibel aufgerufen und dazu, dass die Gläubigen daran ihr Gewissen schärfen sollten.

Lob spendete die frühere Bischöfin den vielen christlichen Gemeinden, die sich in Deutschland der Flüchtlinge annehmen. Sie und nicht die PEGIDA-Anhänger verteidigten mit ihrem Handeln das christliche Abendland, betonte Käßmann.

„Stolz“ über Aufnahme von Flüchtlingen

Erzbischof Gänswein ergänzte, hier werde christliche Nächstenliebe an jenen praktiziert, die kommen. Solches Handeln helfe, den eigenen Glauben zu vertiefen und glaubhaft zu sein. Im Vatikan sei die deutsche Gastfreundschaft für die Flüchtlinge als vorbildlich angesehen worden. „Das hat auch mich stolz gemacht“, sagte der seit Jahren in Rom lebende Gänswein.

Sorgen bei manchem Bürger angesichts der hohen Flüchtlingszahl kann Käßmann nachvollziehen. Missionarisch gesehen sei eine solche Situation eine Herausforderung, gelte es doch zu klären: „Was glauben die, was glauben wir?“ Vor allem aber sollte die Gesellschaft zu ihren christlichen Werten stehen, die Europa geprägt haben. Absurd werde es, wenn manche von einem „Sonne-, Mond- und Sterne-Fest“ statt von einer „Sankt-Martins-Feier“ sprechen wollten. „Es kann keinem schaden, die Geschichte vom heiligen Martin zu hören, der seinen Mantel für einen Bettler teilte“, so die evangelische Theologin unter Applaus.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: