„Vatileaks 2“-Prozess wohl erst 2016 fortgesetzt

Der Prozess gegen fünf Personen wegen unerlaubter Veröffentlichung vertraulicher Dokumente über finanzielle Missstände im Vatikan zieht sich hin. Medien zufolge könnte das Verfahren erst 2016 fortgesetzt werden.

Der Vatikan sei wegen der Kritik besorgt, der Verteidigung ungenügend Zeit zu geben, das Anklagedossier zu vertiefen. Daher habe man beschlossen, das Verfahren erst im kommenden Jahr fortzusetzen. Ursprünglich war von einem Urteil vor dem Beginn des Jubiläumsjahres am heutigen Dienstag die Rede.

Ladung Zahlreiche Zeugen

Mehrere Zeugen sollen von der Verteidigung vorgeladen werden. Der Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi forderte, dass der Ex-Chefredakteur der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“, Paolo Mieli, vom Gericht befragt werde.

Das Gericht beschloss, neben Mieli auch den vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, den Präsidenten der für die Vatikanbank IOR zuständige Kommission, Kardinal Santos Abril y Castello, sowie den päpstlichen Almosenmeister Konrad Krajewski als Zeugen zuzulassen, wie es die angeklagte PR-Agentin Francesca Chaouqui gefordert hatte.

Plädoyer der Verteidiger

Am Montag hielten unterdessen in der zweiten Sitzung im „Vatileaks 2“-Prozess die Verteidiger ihr Plädoyer. Angeklagt sind der ranghohe vatikanische Geistliche Lucio Angel Vallejo Balda sowie sein Mitarbeiter Nicola Maio, die italienische PR-Fachfrau Francesca Chaouqui und die zwei italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi. Beide veröffentlichten jüngst Enthüllungsbücher über die vatikanischen Finanzen.

Das Gericht lehnte einen Einspruch Chaouqis ab, wonach die vatikanische Justiz nicht zuständig sei, weil die in Rede stehenden Vorgänge sich auf italienischem Staatsgebiet abgespielt hätten. Die Angeklagte hatte zudem darauf verweisen, dass sie sich als „politischer Flüchtling“ in Italien aufhalte.

Die Richter wiesen ebenso einen Antrag des Verteidigers von Vallejo Balda zurück, der ein psychologisches Gutachten über seinen Mandanten gefordert hatte. Zulässig seien nur psychiatrische Gutachten.

Vatikan weist Kritik an Vatileaks-Prozess zurück

Der Vatikan hat Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Prozesses gegen fünf Angeklagte wegen Verbreitung vertraulicher Unterlagen zurückgewiesen.

Im Vatikanstaat würden alle fundamentalen Rechtsprinzipien vollständig angewandt, heißt in einer Erklärung von Sprecher Federico Lombardi vom Montag. Die hier geltenden „prozessualen Garantien“ entsprächen den fortschrittlichsten Vorschriften dieser Art weltweit. Viele Äußerungen über das vatikanische Rechtssystem in der Berichterstattung seien unzutreffend und ungerechtfertigt. Zugleich betonte der Vatikansprecher, dass das vatikanische Rechtssystem vollkommen unabhängig vom italienischen sei.

Anwendung internationaler Gerichtspraxis

Konkret wies Lombardi den Vorwurf zurück, das Recht der Angeklagten auf Verteidigung sei verletzt worden. Er war erhoben worden, nachdem der Vatikan zum Teil die von den Angeklagten als Verteidiger benannten Anwälte ablehnte, weil sie keine Zulassung für das vatikanische Gericht besaßen. Eine solche Praxis stehe in vollkommener Übereinstimmung mit den in den meisten Ländern der Welt geltenden Vorschriften, erklärte Lombardi.

Er wies darauf hin, dass die beim vatikanischen Gericht zugelassenen Anwälte um qualifizierte Fachleute handele, die auch in Italien zugelassen seien und zudem Kenntnisse im Kirchenrecht besäßen. Zudem betonte Lombardi, dass die Richter unter hoch qualifizierten Fachleuten ausgewählt würden und alle italienische Jus-Professoren seien.

religion.ORF.at/KAP/APA

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