„Bild“: Büro von Kurienkardinal Müller durchsucht

Einem Bericht der deutschen „Bild“-Zeitung zufolge sollen Finanzermittler des Vatikans die Büros des deutschen Kurienkardinals Gerhard Ludwig Müller durchsucht haben. Müller dementierte umgehend.

Bei der angeblichen Razzia seien 20.000 Euro Bargeld beschlagnahmt worden, berichtete das deutsche Blatt am Mittwoch unter Berufung auf Vatikan-Kreise. Jetzt ermittelten die Behörden des Kirchenstaats gegen den 67-jährigen Präfekten der Glaubenskongregation und früheren Bischof von Regensburg, schrieb „Bild“. Müller selbst dementierte umgehend: Gegen ihn werde nicht ermittelt, sagte er gegenüber Kathpress in Rom.

Gerhard Ludwig Müller

Reuters/Tony Gentile

Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller

Auch Vatikan-Sprecher Federico Lombardi wies die Vorwürfe zurück. Im Zuge regulärer vatikaninterner Kontrollen seien zwar vor geraumer Zeit „einige Unregelmäßigkeiten“ in der Finanzverwaltung der Glaubenskongregation festgestellt worden, so Lombardi. Daraufhin habe man jedoch schon vor sechs Monaten die „nötigen Maßnahmen“ ergriffen.

„Nichts damit zu tun“

„Die Oberen der Behörde, insbesondere Kardinal Müller, der fälschlicherweise in dem fraglichen Artikel angeführt wird, haben mit dieser Angelegenheit nichts zu tun.“ Entschieden dementierte Müller die Behauptung, Gebühren für die Untersuchungen von Missbrauchsfällen seien für private Anschaffungen verwendet worden. Ebenso falsch sei, dass er der vatikanischen Buchhaltung die Akteneinsicht verweigert habe.

Die „Bild-Zeitung“ hatte in ihrer Mittwochausgabe behauptet, im Büro von Müllers Verwaltungsleiter seien bei einer Razzia 20.000 Euro Bargeld beschlagnahmt worden, weil deren Herkunft ungeklärt sei - angeblich befand sich das Geld hinter einer Dose mit Würsteln. Daraufhin seien Ermittlungen gegen Müller eingeleitet worden. Es bestehe der Verdacht, dass das Geld auch für private Anschaffungen verwendet worden sei.

Bericht über Suspendierung

Der Bericht behauptet, es handle sich um Einnahmen aus Gebühren aus Diözesen weltweit, die für die Untersuchung von Missbrauchsfällen anfallen. Richtig sei, so Müller, dass für die Aufgaben in der Ehe- und Disziplinarabteilung seiner Kongregation von den Diözesen ein Beitrag erbeten werde. Dieser fließe jedoch stets und vollständig in den Gesamthaushalt der Kongregation ein, so der Kardinal.

Wie „Bild“ weiter berichtete, wurde der Verwaltungsleiter vorübergehend suspendiert. Laut Zeitung hatte der päpstliche Generalbuchprüfer den Kardinal bereits im Frühjahr aufgefordert, Auskunft über die Finanzverhältnisse seiner Behörde zu geben. Der Kardinal habe sich aber geweigert, Unterlagen herauszugeben.

Müller: Hardliner mit vielen Facetten

Müller (67) ist als Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Er gilt als konservativer Hardliner und Gegenspieler des reformorientierten deutschen Kurienkardinals Walter Kasper. In der Vergangenheit sprach er sich immer wieder entschieden gegen die Segnung homosexueller Paare und die Zulassung zivil wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten aus. Vor seiner Berufung an den Heiligen Stuhl war Müller zehn Jahre lang Bischof von Regensburg. In seiner Amtszeit dort geriet er in Konflikt mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken wegen der von ihm verfügten Auflösung eines Diözesanrats.

Er selbst wehrt sich aber gegen Kategorien wie konservativ oder liberal. Dass Müller nicht leicht in eine Schublade passt, zeigen seine langjährigen guten Kontakte zu dem Begründer der linken lateinamerikanischen Befreiungstheologie, Gustavo Gutiérrez. Auch die Ökumene ist Müller nicht fremd, er promovierte über den lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945). Im März dieses Jahres hielt er einen vielbeachteten Vortrag über Bonhoeffer in der evangelischen Christuskirche in Rom.

religion.ORF.at/APA/dpa

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