Schönborn: Religion und Pluralität kein Widerspruch

Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn hat sich am Freitag in der aktuellen Debatte rund um die Kontrolle konfessioneller Kindergärten in Wien zu Wort gemeldet.

Schönborn brachte darin unter anderem zum Ausdruck, es sei ungerecht, die Frage nach der Wertschätzung von Kindern „nur an Kindergärten muslimischer oder anderer religiöser Betreiber festzumachen“. „Auch im Kindergarten dürfen religiöse Trägerschaft und Pluralität kein Widerspruch sein“, so Schönborn laut einer Aussendung der Erzdiözese Wien.

Dass dieser Anspruch eingelöst werden könne, zeigten laut Schönborn die Kindergärten der katholischen Kirche: „In unseren Kindergärten spielt die christliche Religion eine wichtige Rolle. Dennoch fühlen sich auch nichtkatholische und nichtchristliche Kinder bei uns wohl, weil sie gerade mit ihrem eigenen religiösen oder auch nichtreligiösen Hintergrund wertgeschätzt werden.“ Beweis dafür, dass in katholischen Kindergärten Pluralität ohne Verzicht auf die eigene religiöse Herkunft gelinge, seien die „vielen zufriedenen nichtkatholischen Eltern“, die ihre Kinder gern in katholische Kindergärten gäben, so der Kardinal.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Neumayr/MMV

Kardinal Schönborn für „Pluralität ohne Verzicht auf die eigene religiöse Herkunft“

Schönborn spricht sich „namens der Erzdiözese Wien prinzipiell für eine Rahmenordnung“ aus, die sich mit dem Thema Religion im Kindergarten auseinandersetze. Noch sinnvoller als der von der Stadtregierung angekündigte Leitfaden, der nur für Wien gelten würde, wäre es aber, „ein Kapitel zum Thema Religion in den seit 2009 existierenden österreichischen BildungsRahmenPlan aufzunehmen“. Dieses sollte von Bildungsexperten unter Einbeziehung von Religionsvertretern erarbeitet werden. „Religion ist ein so elementarer Bestandteil unserer Lebenswelt – auch von Menschen, die selbst keiner Religion angehören –, dass sie längst Bestandteil des BildungsRahmenPlans sein müsste“, so Schönborn.

Welche Glaubensinhalte die Religionsgemeinschaften vermitteln dürfen, könne aber nicht Sache eines solchen gesetzlichen Rahmenplans sein, so Schönborn: „Das wäre ein gravierender Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit.“

Kontrollen nur muslimischer Träger „ungerecht“

Außerdem würde ein solcher Zugang am Problem vorbeigehen: „Im Kindergarten werden Kinder weniger durch die Wissensvermittlung als durch die Haltung geprägt, die die Pädagoginnen und Pädagogen an den Tag legen.“ Auch bei der nötigen öffentlichen Kontrolle der Kindergärten müsse daher vor allem darauf geachtet werden, ob ein wertschätzender Umgang untereinander und mit Kindern und Familien anderer Herkunft und Glaubenswelt gepflegt wird, so der Erzbischof laut Aussendung. Das betreffe Kindergärten jeglicher Trägerschaft. Es sei „ungerecht, das nur an Kindergärten muslimischer oder anderer religiöser Betreiber festzumachen“.

Die katholische Kirche ist in Wien einer der größten privaten Anbieter von Kindergartenplätzen. Ihre größte Kindergarteneinrichtung ist die St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien mit 81 Standorten. Die Kindergärten der Ordensgemeinschaften – mit 33 Standorten in Wien - sind in der Vereinigung Katholischer Kindertagesheime (KKTH) zusammengefasst. Daneben gibt es auch Kindergärten, die direkt von Pfarren und anderen katholischen Institutionen betrieben werden.

EDW: Religiöse Erziehung als Brückenbauer

Die Erzdiözese Wien (EDW) betonte in einer weiteres Stellungnahme am Freitag die Funktion römisch-katholischer Kindergärten als interreligiösen Brückenbauer. Die römisch-katholischen Kindergärten würden seit 2010 mit einem Religionspädagogischem „BildungsRahmenPlan“ arbeiten. Dieser trage den Leitsatz: „Alle Kinder sind religionsbegabt.“

„In den Kindergärten der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien wird eine kulturelle und religiöse Pluralität gelebt“, heißt es in der Aussendung. In den 81 Häusern würden rund 6.000 Kinder betreut, die über 20 verschiedenen Religionen und Konfessionen zugehörig sind. „Viele Eltern entscheiden sich ganz bewusst für eine katholische Trägerorganisation mit dem Wissen, dass Religion im Alltag zum Thema gemacht wird“, so der Text.

Religion als verbindendes Element von Kulturen

„Wir sehen Religion als wichtiges Element zur Stärkung der Gemeinschaft. Traditionen, Rituale und Feste geben den Kindern Sicherheit und Geborgenheit. Sie sind ein wichtiger Referenzrahmen in der heutigen schnelllebigen Zeit“, so Elmar Walter, Geschäftsführer der St. Nikolausstiftung. „Aus diesem Grund war es uns sehr wichtig, unseren PädagogInnen in Form eines schriftlichen Bildungsplanes Hilfestellungen im pädagogischen Alltag zu geben“, sagte Walter.

Die Nikolausstiftung habe gemeinsam mit einer Gruppe von Expertinnen aus Religion und Pädagogik an der Entwicklung dieses Bildungsplanes gearbeitet. Herausgeber ist der Verlag „Unsere Kinder“ - seit zwei Jahren erscheint dieser zudem als Schulbuch. Er versteht sich als inhaltliche Ergänzung des „Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlans für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich“.

Bildungsplan zur „Lebensweltorientierung“

Ein Grund warum er entwickelt wurde, sei gewesen, dass das Thema Religion aus Sicht des Trägerverbands in sämtlichen Bildungsplänen zurzeit ausgespart werde. „Als katholische Trägerorganisation ist Religion neben allen anderen Bildungsprinzipien ein wichtiges Thema im Kindergartenalltag. Zum Beispiel zeigt uns das Prinzip der Lebensweltorientierung, dass Kinder ihre Religion als Thema in den Kindergarten mitbringen und sie auch wertgeschätzt wird“, so Susanna Haas, pädagogische Leiterin der Nikolausstiftung, über die Relevanz von religionssensiblem Arbeiten.

Seit einem Jahr erarbeite die Stiftung gemeinsam mit Experten zudem einen interreligiösen und interkulturellen Behelf für elementare Bildungseinrichtungen. „Damit trägt sie ihrer ExpertInnenrolle als katholische Trägerorganisation, die die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen sehr ernst nimmt, Rechnung“, so die Erzdiözese Wien in ihrer Stellungnahme.

religion.ORF.at

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