D: Islam besser integriert als angenommen

Die Integration des Islam in die staatlichen Strukturen Deutschlands ist einem Gutachten zufolge erfolgreicher verlaufen als angenommen. Die Rolle der Religion bei der Integration von Menschen werde allerdings in der Öffentlichkeit überschätzt.

Der Zusammenhang von Religion und Integration werde sogar „doppelt überschätzt“, erklärte der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in seinem Jahresgutachten, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Zum einen lägen „keine belastbaren wissenschaftlichen Belege“ dafür vor, dass Religiosität den Anschluss an Bildung und Arbeitsmarkt erschwere. Zum anderen zeige die empirische Forschung klar, dass Unterschiede bei der Integration verschiedener religiöser Gruppen nicht „in erster Linie“ durch Religion begründet seien.

Islam institutionell gut integriert

Hinzu komme, dass die sogenannte institutionelle Gleichstellung des Islam in den vergangenen Jahren weit vorangeschritten sei, erklärten die Experten mit Blick auf die Einführung von islamischem Religionsunterricht an Schulen, der Etablierung von islamischer Theologie an Universitäten und der in Hamburg und Bremen abgeschlossenen Staatsverträge mit islamischen Verbänden. Diese ermöglichen etwa Feiertagsregelungen.

Die SVR-Vorsitzende Christine Langenfeld erklärte: „Die rechtlich-institutionelle Integration des Islam ist viel weitreichender und erfolgreicher verlaufen als oft angenommen wird.“ Deutschland sei demografisch inzwischen zu einem „multireligiösen Land“ geworden, das seine „Politik der Religionsfreundlichkeit“ konsequent auf andere Religionen anwende. Das deutsche Recht erweise sich dabei als hinreichend „flexibel“.

Nicht-Muslime für Moscheebau

In das Gutachten eingeflossene Umfragen im Auftrag des SVR zeigen darüber hinaus, dass die sogenannte institutionelle Gleichstellung des Islam auch von den in Deutschland lebenden Menschen ohne Migrationshintergrund unterstützt wird.

65 Prozent befürworten dem sogenannten SVR-Integrationsbarometer zufolge islamischen Religionsunterricht als Wahlfach, auch der Bau einer Moschee in der Nachbarschaft wird mehrheitlich akzeptiert.

„Islam gehört zu Deutschland“ spaltet

Gespalten sind die Befragten lediglich bei der abstrakten Frage, ob „der Islam“ zu Deutschland gehöre oder nicht. Dem SVR-Integrationsbarometer zufolge verneint eine knappe Mehrheit von 53,1 Prozent dies ganz oder tendenziell, während eine knappe Minderheit von 46,9 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund dem voll und ganz oder eher zustimmt.

Das „Integrationsklima“ hierzulande beurteilen alle Befragten weiterhin als insgesamt „weitgehend freundlich“, was in etwa der Schulnote „gut“ entspreche. „Das zeigt, dass der Integrationsprozess auf einer stabilen Grundlage steht“, erklärte Langenfeld.

Erwerbsarbeit entscheidend, nicht Religion

Insgesamt sehen die Befragten in Fragen des Geburtsorts, des christlichen Glaubens oder der familiären Abstammung zumeist auch kein entscheidendes Kriterium für die Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Das allerwichtigste Kriterium für die Zugehörigkeit ist demnach für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund ein fester Arbeitsplatz.

89,2 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund waren dieser Meinung - ebenso wie 92,2 Prozent der Menschen mit türkischem Hintergrund. „Wahrgenommene Integration durch Leistung gilt offensichtlich auch für die zugewanderte Bevölkerung“, erklärte der SVR. Die Umfragen für das Integrationsbarometer im Rahmen des Gutachtens fanden von März bis August 2015 statt. Befragt wurden 5.396 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund.

religion.ORF.at/AFP

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