Kirchenzeitungen befragten Hofer und Van der Bellen

Die Österreichischen Kirchenzeitungen haben Präsidentschaftskandidaten Alexander van der Bellen und Norbert Hofer zu Flüchtlingen, Islam, gesamteuropäischer Solidarität, „Homo-Ehe“ und dem umstrittenen Fortpflanzungsmedizingesetz befragt.

Die Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen hat wenige Tage vor der Stichwahl am 22. Mai nachgefragt und die Antworten der beiden Kandidaten in den aktuellen Ausgaben der Kirchenzeitungen veröffentlicht.

Van der Bellen: Vernünftige Lösungen statt Streit

Van der Bellen hebt in dem Interview die Verpflichtung hervor, „Menschen, die vor Folter und Krieg flüchten, erst einmal Schutz zu geben und ein faires Verfahren zu ermöglichen“. Das gehe freilich nur in einem solidarischen Europa. Van der Bellen wörtlich: „Als Bundespräsident werde ich die Bundesregierung und die Landeshauptleute, aber auch die Regierungen der anderen EU-Länder daran erinnern, dass es ihre Aufgabe ist, nach vernünftigen gemeinsamen Lösungen zu suchen, statt zu streiten und sich zu blockieren.“

Er wolle für Österreich „geordnete Verhältnisse“, so der von den Grünen unterstützte Kandidat: „Wir müssen zwischen Schutzsuchenden und Arbeitsmigranten unterscheiden. Wir haben gerade 500.000 Arbeitslose. Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen wollen, haben aus meiner Sicht derzeit leider keine Chance auf Aufnahme bei uns.“

Alexander van der Bellen und Noerbert Hofer

ORF/Thomas Jantzen

Bundespräsidentschaftskandidaten Alexander van der Bellen und Norbert Hofer

An seiner pro-europäischen Linie will Van der Bellen unbeirrt festhalten. Er sei fest davon überzeugt, „dass wir aus friedens- und wirtschaftspolitischer Sicht alles tun sollten, damit Europa nicht auseinanderbricht, sondern zusammenwächst.“ Er wolle keine „Verzwergung“ und kein Zurück zu den Nationalstaaten. „Das wäre für ein kleines Land wie Österreich und für die Arbeitsplätze bei uns katastrophal.“

Hofer: EU hat „kläglich versagt“

Norbert Hofer bekräftigt hingegen seine EU-Kritik. Zur Frage, ob nicht das Friedensprojekt Europa insgesamt wichtiger sei als seine Fehler, antwortet Hofer wörtlich: „Nein, denn wenn das Projekt Europa eine Chance haben und auch mittelfristig reüssieren soll, ist es notwendig, auf Fehler und Irrwege hinzuweisen. Nicht nur in der Flüchtlingsfrage, auch im Bereich der Finanzkrise hat die EU bis heute kläglich versagt.“

Es sei unbestritten, dass Österreich voriges Jahr eine sehr große Anzahl an Asylsuchenden aufgenommen hat und im heurigen Jahr nicht wieder eine so große Anzahl an Personen aufnehmen könne. Hofer: „Ich halte es für unrealistisch und für einen naiven Zugang zu glauben, alles sei schaffbar.“ Die innere Ordnung in Österreich sei ein sehr hohes Gut, „das wir unbedingt erhalten müssen“.

Angesprochen auf Kardinal Christoph Schönborn, für den die österreichischen muslimischen Bürger zu Österreich gehören, meinte der FPÖ-Kandidat, dass er dem insofern zustimme, „wenn diese muslimischen Bürger österreichische Grundwerte sowie unser Rechtsverständnis akzeptieren“. Wer die Scharia über die staatliche Rechtsordnung stellen möchte, „hat in Österreich keinen Platz“.

Differenzen bei „Homo-Ehe“

Unterschiedliche Positionen vertreten die beiden Kandidaten hinsichtlich des Status quo von homosexuelle Paaren, die sich in Österreich zwar verpartnern, aber nicht standesamtlich heiraten können. Für Hofer ist dies so in Ordnung. „Die Ehe zwischen Mann und Frau muss ihre Sonderstellung behalten, da sie die einzige Lebensform ist, aus der auf natürlichem Wege Nachkommen entstehen können“, so der freiheitliche Präsidentschaftskandidat.

Anders sieht das Van der Bellen: „Warum sollen homosexuelle Paare, die auch rechtlich verbindlich Verantwortung füreinander übernehmen wollen, das nicht auch in einer feierlichen Zeremonie am Standesamt tun können?“

Konträre Positionen zu Bioethik

Auch zum - von der katholischen Kirche kritisierten - Fortpflanzungsmedizingesetz befragte die Kooperationsredaktion die beiden Präsidentschaftskandidaten. Van der Bellen sei „kein Experte in diesem sich sehr schnell entwickelnden Bereich der Fortpflanzungsmedizin.“ Es brauche „große Achtsamkeit und den intensiven Dialog zwischen Medizin, Rechtswissenschaften und Ethik“, so die Antwort des von den Grünen unterstützten Kandidaten.

Eindeutiger positioniert sich Hofer: „Das Leben ist viel zu kostbar, um damit zu experimentieren.“ Er habe das Gesetz aus mehreren Gründen abgelehnt: „Erstens glaube ich, dass es für Kinder wichtig ist, mit Vater und Mutter aufzuwachsen. Als zweiten wichtigen Punkt sehe ich die Eizellenspende, die eine enorme gesundheitliche Belastung für die Spenderin darstellt.“ Am stärksten gewogen hat für ihn die Einführung der Präimplantationsdiagnostik. Hier sehe er die Gefahr einer massiven Selektion von „unwertem“ Leben, so Hofer.

religion.ORF.at/KAP

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