Neue Lutherbibel kehrt teils zur Urfassung zurück

Fünf Jahre lang haben 70 Forscher fast 36.000 Verse von Luthers Bibel kritisch hinterfragt und Tausende Änderungen vorgenommen. Das Erscheinen der neuen Bibel ist einer der Höhepunkte des Lutherjahres 2017. Das Buch wird die Kirche Jahrzehnte begleiten.

Eine Bibel-Revision ist ein seltener Vorgang. Die Lutherbibel wurde in nahezu fünf Jahrhunderten nur vier Mal grundlegend überarbeitet. Zuletzt hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mehr als 30 Jahre lang die Fassung von 1984 im Einsatz - es gab in dieser Zeit lediglich eher kosmetische Änderungen am Text.

Neufassung zum Lubiläumsjahr 2017

Doch zum Lutherjahr 2017 wollte die EKD eine neue Fassung haben. Das Großprojekt Lutherbibel 2017 geht nun auf die Zielgerade, nachdem 70 Theologen mehr als fünf Jahre lang den Text modernisiert haben. An diesem Donnerstag beginnt im schwäbischen Nördlingen der Andruck, ab Oktober soll die neue Bibel erhältlich sein.

Das Erscheinen der revidierten Lutherbibel ist einer der Höhepunkte des bevorstehenden Reformationsjubiläums. Zum Start des Drucks der ersten Probeexemplare wird daher auch der EKD-Ratsvorsitzende, Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, erwartet.

Bibelausgabe in Martin Luthers Übersetzung

APA/dpa/Jan-Peter Kasper

Die neue Lutherbibel kehrt teils bis zur Urfassung zurück

„Größere sprachliche Genauigkeit“

Anlass für das Luther-Festjahr ist, dass sich am 31. Oktober 2017 zum 500. Mal die Veröffentlichung der 95 Thesen jährt, die der Reformator der Überlieferung nach an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg schlug. Der neue Bibeltext soll zum offiziellen Start des Jubiläumsjahres am 19. Oktober 2016 in den Buchhandlungen liegen.

„Ziel war es, eine größere sprachliche Genauigkeit herzustellen und gleichzeitig der Sprachkraft Martin Luthers gerecht werden“, erklärt die Deutsche Bibelgesellschaft in Stuttgart das Projekt. Schließlich sei die Luther-Übersetzung „das Original“ unter den deutschsprachigen Bibeln. „Keine Übersetzung hat die deutsche Sprache und Literatur so geprägt wie die Lutherbibel - bis in die heutige Zeit.“

Dies sieht auch Bedford-Strohm so, der Luthers Text als „genial“ bezeichnet. Es handele sich um eine Sprachschöpfung, die „bei vielen Redewendungen in die deutsche Sprache allgemein eingegangen ist.“ Solche auf Luther zurückgehenden Redewendungen sind beispielsweise „jemandem einen Denkzettel verpassen“ oder „sein Scherflein beitragen“.

Zehn Jahre Vorarbeit

Luther selbst hatte mit seinen Mitarbeitern zwischen 1521 und 1545 die Texte übersetzt. Eine erste Revision gab es erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Danach wurden die Zeitabstände kürzer, die zweite Überarbeitung stammt von 1912. Die derzeit noch aktuelle dritte Revision der Lutherbibel fand zwischen 1964 und 1984 statt, allerdings wurde Ende der 90er Jahre der Text wegen der neuen Rechtschreibung noch einmal durchgesehen. Nun geht also die vierte Revision in den Druck.

Es gab es eine zehnjährige Vorarbeit. Im März 2006 hatte die Bibelgesellschaft bei der EKD eine kritische Überprüfung des Textes angeregt. Gutachter waren der Meinung, dass die Lutherbibel an etlichen Stellen nicht mehr dem Stand der Forschung entsprach. 2010 nahmen dann die Wissenschaftler die Arbeit auf, vor einem Jahr wurde die Bearbeitung abgeschlossen.

Luthers Original oft genauer

Von den 35 598 Versen wurden etwa 44 Prozent geändert. „Von geringfügen Anpassungen in der Zeichensetzung über den Austausch einzelner Wörter bis hin zur vollständigen Neuübersetzung einzelner Verse reicht die Bandbreite der Bearbeitungen“, berichtet die Bibelgesellschaft. In manchen Fällen wurde sogar quasi die Zeit zurückgedreht: Änderungen früherer Revisionen wurden wieder verworfen und zu Luthers Original von 1545 zurückgekehrt. Denn diese Urfassung gebe nicht nur die Sprache des Reformators authentisch wieder, sondern sei oftmals auch sprachwissenschaftlich genauer als die späteren Revisionen.

Produziert wird die neue Lutherbibel bei der Druckerei C. H. Beck, die vor zweieinhalb Jahren wegen eines anderen kirchlichen Großprojektes in die Schlagzeilen geriet. Bei der Herstellung von vier Millionen katholischen Gesangbüchern „Gotteslob“ gab es damals Probleme mit dem Papier. Mehrere Bistümer kritisierten die Qualität, es kam zu Verzögerungen bei der Auslieferung. Letztlich einigte sich die katholische Kirche mit der Druckerei. Ähnliche Probleme erwartet das Unternehmen bei der Bibel nicht, wie ein Sprecher sagte.

Ulf Vogler/dpa

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