Patriarch Twal: Nachfolger muss Reform angehen

Der neuernannte Apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, steht nach Worten des scheidenden Patriarchen Fouad Twal vor unpopulären Aufgaben. Seine langjährige Erfahrung komme ihm zugute, so Twal.

Pizzaballa möge die anstehende „Reform mit Überzeugung und ohne Zögern“ angehen und die „delikate Balance der Beziehungen zwischen Israelis, Palästinensern und Jordaniern halten“, wünschte der Jordanier Twal seinem italienischen Nachfolger in einem am Montag vom Patriarchat verbreiteten Interview.

Es sei ein Gewinn, dass Pizzaballa nach seiner zwölfjährigen Amtszeit als Franziskanerkustos und damit Oberstem Hüter der Heiligen Stätten im Heiligen Land mit den „Herausforderungen und Problemen der Kirche im Heiligen Land“ vertraut sei, betonte der 75-jährige Twal. Eine wichtige Stärkung könne zudem sein, wenn es Pizzaballa gelänge, das Vertrauen der Priester zu gewinnen. Mit Blick auf die gegenwärtige schwierige Realität des Nahen Ostens wünsche er sich vom neuen Administrator den „Mut, die Wahrheit zu sagen, nicht mehr und nicht weniger“.

Der neuernannte Apostolische Administrator des Lateinischen Patriarchats, Pierbattista Pizzaballa (51).

APA/AP/Riccardo

Pierbattista Pizzaballa (51)

Herausvorderungen auf mehreren Ebenen

Problematisch könnten nach Einschätzung des Jordaniers für seinen Nachfolger „die arabische Sprache, die orientalische Mentalität und die pastoralen Aktivitäten“ werden. „Es wird definitiv einfacher, die Schwächen der Verwaltung zu heilen als die pastorale Sorge für die arabischen Gläubigen zu bewerkstelligen“, so Twal wörtlich. Über seine eigene, achtjährige Amtszeit als Patriarch von Jerusalem sagte Twal, er habe sich „oft einsam vor einer Entscheidung gefühlt“, obwohl er von einer Menge von Menschen umgeben gewesen sei.

Papst Franziskus hatte am 24. Juni den altersbedingten Rücktritt Twals angenommen und gleichzeitig die Ernennung Pizzaballas zum Apostolischen Administrator bekannt gegeben. Pizzaballa, der am 10. September in Bergamo zum Erzbischof geweiht wird, tritt sein Amt offiziell am 15. Juli an.

Heilig-Land-Bischöfe hießen Pizzaballa willkommen

Die katholischen Bischöfe im Heiligen Land haben den neuen Apostolischen Administrator des lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, herzlich begrüßt. In einem Grußwort betonten die Bischöfe, dass sie mit ihm „gemeinsam voranschreiten“ wollen. „Zwölf Jahre hast du die Franziskaner der Kustodie des Heiligen Landes geleitet und die ökumenischen Beziehungen zum griechisch-orthodoxen und armenisch-orthodoxen Patriarchat gepflegt. Deine brüderliche Freundschaft mit den beiden inzwischen emeritierten lateinischen Patriarchen war offensichtlich“, würdigen sie das bisherigen Wirken Pizzaballas.

Patriach Fouad Twal mit einer Krippenfigur des Jesuskindes in der Geburtskirche in Bethlehem.

REUTERS/Musa al-Shaer

Patriarch Fouad Twal reichte im Juni seinen altersbedingten Rücktritt ein

Der aus Italien stammende 51-jährige Ordensgeistliche lebt seit 1990 im Heiligen Land, von Mai 2004 bis April 2016 als dessen Kustos. Pizzaballa wird am 10. September in der Kathedrale seiner Heimatdiözese Bergamo zum Bischof geweiht werden, wie die Diözese jetzt mitteilte. Offiziell wurde Pizzaballa zum Titularerzbischof von Verbe ernannt, einem einstigen Bischofssitz in der Landschaft Pamphylien östlich von Antalya, heute das Dorf Zivint.

Spannungen in der Ökumene

Die Tatsache, dass Papst Franziskus nach dem altersmäßig bedingten Rücktritt von Patriarch Fouad Twal nicht sofort ein neuer lateinischer Patriarch für Jerusalem ernannt, sondern ein Apostolischer Administrator bestimmt wurde, hatte Überraschung hervorgerufen, könnte aber teils auch auf ökumenische Rücksichtnahme zurückzuführen sein. Von orthodoxer Seite war die Wiederherstellung des lateinischen Patriarchats im 19. Jahrhundert seit jeher als Affront empfunden worden. Zugleich gibt es auch immer wieder Spannungen zwischen dem lateinischen Patriarchat und der Franziskaner-Kustodie, der seit dem Mittelalter von katholischer Seite die Sorge um die Heiligen Stätten anvertraut ist.

Zuversichtliches Bemühen um „Zeichen der Einheit“

In seinem ersten Interview nach seiner Ernennung hatte P. Pizzaballa es als „prioritäre Aufgabe“ bezeichnet, in einem „von Spaltungen und Konflikten betroffenen Gebiet“ ein „Zeichen der Einheit“ zwischen der katholischen Kirche und den anderen christlichen Gemeinschaften zu setzen. Zugleich gehe es aber auch darum, in einem „offenen und freundschaftlichen Dialog“ mit den muslimischen und jüdischen Gemeinschaften zu sein.

Es komme darauf an, die „komplexe Situation“ im Heiligen Land zu verstehen, ohne vorschnelle Urteile abzugeben. „Wir sollen gelassen mit allen arbeiten, ohne Ängste, für Gerechtigkeit und Frieden. Und uns dabei bewusst sein, dass die Lösung für die Probleme des Landes in weiter Ferne ist, zugleich aber in dieser Situation mit unserem gelassenen christlichen Stil ausharren“, so Pizzaballa. Er betrachte es als seine Aufgabe, wie Johannes der Täufer „einen Weg zu bahnen“, eine Tür zu öffnen.

Ökumenische Friedenskonferenz geplant

Der Weltkirchenrat will 2017 eine internationale Konferenz einberufen, um das „ökumenische Zeugnis für einen ‚Frieden in Gerechtigkeit‘ für Israelis und Palästinenser“ zu betonen und zu verstärken. Das hat der Zentralausschuss des weltweiten Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖKR) bei seiner jüngsten Tagung in der vergangenen Woche im norwegischen Trondheim beschlossen.

2017 jährt sich zum 100. Mal die Veröffentlichung der britischen „Balfour-Deklaration“. 1967 - vor genau 50 Jahren - fand zudem der Sechstagekrieg statt, als dessen Folge Israel Ostjerusalem und das Westjordanland weitgehend kontrolliert.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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