Theologe warnt vor Annäherung an Piusbrüder

Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück hat vor einer unkritischen Annäherung zwischen der katholischen Kirche und der Piusbruderschaft gewarnt. Ohne Revision ihrer problematischen Lehren könnten sie zu einer Art „trojanischem Pferd“ für die Kirche werden.

Wenn „Lehrdifferenzen als nicht so entscheidend heruntergespielt werden“, so sei dies „höchst problematisch“, da dies letztlich zentrale Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) infrage stellen würde, sagte Tück den „Salzburger Nachrichten“ (Dienstag). Solche Errungenschaften würden die Religionsfreiheit, die Ökumene und die bischöfliche Kollegialität betreffen. Das Konzil habe in diesen Punkten „Öffnungssignale“ ausgesendet und damit Weichenstellungen vorgenommen, „hinter die man nicht zurückgehen darf“.

Einseitige Anerkennung im Raum

Hintergrund der Wortmeldung des an der Universität Wien lehrenden Dogmatikers Tück waren die jüngsten Entwicklungen im Dialog zwischen der Piusbruderschaft und Rom, bei dem sich die Hinweise auf eine einseitige Anerkennung der Bruderschaft ohne lehramtliche Vorbedingungen durch den Vatikan verdichtet hatten. Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, hatte - ebenfalls in den „Salzburger Nachrichten“ (21. Juni) - diese Gerüchte einer stetigen Annäherung bestätigt und unterstrichen, die Piusbrüder seien „keine Schismatiker“. Fellay bestätigte jedoch auch, dass es keine Annäherung in den umstrittenen Fragen der Religionsfreiheit, der Ökumene und der Kollegialität der Bischöfe gebe.

Jan-Heiner Tück

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Jan-Heiner Tück

Piusbruderschaft als „trojanisches Pferd“

Von Papst Franziskus erwartet sich Tück ein klares Wort in diesen Lehrfragen - denn wenn Rom sich darauf einlasse, die Piusbruderschaft anzuerkennen, ohne dass diese „ihre problematischen Lehren revidiert“, so werde die Piusbruderschaft damit „zum trojanischen Pferd, das neue Konflikte in die Kirche hineinträgt“, zeigte sich der Theologe überzeugt.

Bei der Frage der Religionsfreiheit etwa vertrete Fellay ein „exklusivistisches“ Verständnis der römisch-katholischen Alleinstellung gegenüber anderen Religionen. Dies sei vom Konzil bereits „aufgelockert“ worden durch die Feststellung, dass auch außerhalb der katholischen Kirche Momente des Wahren, Guten und Heiligen zu finden seien, erinnerte Tück.

Tück fordert Selbstkorrektur bei Traditionalisten

Auch im Blick auf das Judentum ortet Tück bei den Piusbrüdern ein problematisches Geschichtsverständnis: „Die Aussage von Fellay, dass der Holocaust nichts mit der katholischen Kirche zu tun habe, zeugt von einer betrüblichen Geschichtsblindheit“. Auch widerspreche es der Wertschätzung des Judentums durch das Konzil, wenn Fellay sage, er habe nichts gegen das Judentum, ausgenommen die Religion. Tück: „Meine Sorge ist, dass der eingefrorene Traditions- und Kirchenbegriff der Piusbruderschaft jetzt im Wärmestrom der Barmherzigkeit aufgeweicht werden soll, ohne dass den Traditionalisten eine theologische Selbstkorrektur abverlangt wird.“

religion.ORF.at/KAP

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