Papst Franziskus mahnt Polen zur Flüchtlingsaufnahme

Zum Auftakt seines Polen-Besuches hat Papst Franziskus die national-konservative Regierung des EU-Landes zur Aufnahme von Flüchtlingen aufgefordert.

Es sei „die Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen“, sagte das Kirchenoberhaupt am Mittwoch bei einem Treffen mit der polnischen Staatsspitze um Präsident Andrzej Duda und Regierungschefin Beata Szydlo in Krakau.

Papst beim polnischen Präsidenten

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Papst Franziskus in Begleitung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda und seiner Frau

Mit Blick auf die internationalen Beziehungen wie auf interne gesellschaftliche Debatten verlangte er ein „Identitätsbewusstsein ohne Überheblichkeit“. Es muessten unterschiedliche Positionen zugelassen werden.

Politischer Teil der Reise

Sendungshinweis

Der ORF überträgt Live: Papst Franziskus in Auschwitz am 29.7 sowie den Abschlussgottesdienst vom Weltjugendtag mit Papst Franziskus am 31.7. jeweils ab 9.05 Uhr auf ORF 2. „Orientierung“ berichtet in einer Spezialsendung ab 12.25 Uhr ebenfalls in ORF 2 live vom Weltjugendtag.

Die Rede in der historischen Königsresidenz Krakaus, dem Wawel, war der erste Programmpunkt des fünftägigen Besuchs von Franziskus. Eigentlicher Anlass der Reise ist der katholische Weltjugendtag. Die Ansprache vor rund 800 Vertretern aus Politik und Gesellschaft galt als politischster Teil der Visite.

Franziskus verlangte „Bereitschaft zur Aufnahme derer, die vor Kriegen und Hunger fliehen“, und „Solidarität gegenüber denen, die ihrer Grundrechte beraubt sind, darunter des Rechtes, in Freiheit und Sicherheit den eigenen Glauben zu bekennen“. Nötig sei auch eine stärkere internationale Zusammenarbeit zur Lösungen jener Konflikte, die Menschen in die Flucht trieben. Zugleich müsse man „die Ursachen für die Auswanderung aus Polen herausfinden und denen, die wollen, die Rückkehr erleichtern“.

Tradition und Offenheit in Polen

Unter Verweis auf seinen polnischen Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) sprach Franziskus vom „Traum eines neuen europäischen Humanismus“ aus christlichen Wurzeln. Dabei erinnerte er an das Wort Johannes Pauls II. von einem „Europa, das mit seinen beiden Lungenflügeln atmet“.

Polen bestärkte er in der Treue zur Tradition, rief aber zugleich zu „Offenheit für die Erneuerung und die Zukunft“ auf. Der Einigkeit als Nation stehe eine „Verschiedenheit der Meinungen“ nicht entgegen, betonte er.

Nachdrücklich lobte er die Aussöhnung zwischen polnischen und deutschen Bischöfen nach dem Zweiten Weltkrieg als konstruktiven Umgang mit der Geschichte. Diese Initiative habe „einen nicht umkehrbaren gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Prozess ausgelöst, der die Geschichte der Beziehungen zwischen den beiden Völkern verändert hat“, so Franziskus.

Der Papst setzte dem ein negativ zu bewertetendes Gedenken gegenueber. Dieses sei gekennzeichnet, dass es „den Blick des Geistes und des Herzens zwanghaft auf das Schlechte fixiert, vor allem auf das, welches die anderen begangen haben“.

Papst zu Jugendlichen: Fürchtet Euch nicht!

Mit dem Wahlspruch seines Vor-Vorgängers Johannes Paul II. hat sich Papst Franziskus am Mittwochabend an tausende Jugendliche in Krakau gewandt. „Fürchtet Euch nicht!“ rief er den etwa 16.000 jungen Menschen aus aller Welt zu, die sich unter dem Fenster des Bischofspalasts in Krakau versammelt hatten. Das „offizielle“ Programm des Papstes auf dem Weltjugendtag sollte erst am Donnerstag beginnen.

Papst Balkon Krakau

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Papst Franziskus ruft den Jugendlichen „Fürchtet Euch nicht!“ zu

Mit dem „Gespräch unter dem Fenster“ knüpfte er an eine Tradition Johannes Paul II. an  - und begann mit dem Aufruf zu einer Schweigeminute für den 22-jährige Maciej Ciesla. Der Grafikstudent hatte als Freiwilliger den Weltjugendtag mit vorbereitet und war an Krebs erkrankt. 

„Alle Zeichnungen auf den Fahnen sind von ihm. In dieser Arbeit hat er seinen Glauben gefunden.“, sagte Franziskus. „Er wollte bis zur Ankunft des Papstes leben. In der Straßenbahn (mit der der Papst zum ersten Gottesdienst mit den Teilnehmern des Weltjugendtages fährt) war ein Platz für ihn reserviert. Er starb am 2. Juli.“

„Ihr glaubt vielleicht, der Papst verdirbt euch den Abend“, sagte Franziskus angesichts des ernsten Themas. „Aber wir müssen uns an gute und schlimme Dinge gewöhnen. So ist das Leben, junge Freunde.“

Papst sieht sieht keinen „Krieg der Religionen“

Papst Franziskus sieht die Welt im „Krieg“ - wenn auch nicht in einem Krieg der Religionen. „Wir dürfen keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen: Die Welt ist im Krieg, weil sie den Frieden verloren hat“, sagte der Papst am Mittwoch beim Flug zum Weltjugendtag in Polen. Er zog dabei auch Vergleiche zum Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Wenn er von „Krieg“ spreche, meine er „einen Krieg der Interessen, des Geldes, der Ressourcen, nicht der Religionen“, präzisierte der Papst bei einem Gespräch mit Journalisten im Flugzeug.

Papst Anreise Flugzeug

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Papst Franziskus sieht die Welt „im Krieg“ - aber nicht der Religionen

„Alle Religionen wollen Frieden, es sind die anderen, die Krieg wollen.“ Ein Opfer dieses Krieges sei der in einer katholischen Kirche im Nordwesten Frankreichs getötete Priester, dessen Ermordung die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für sich beansprucht hat. „Viele weitere Christen, Unschuldige, Kinder“ seien zudem Opfer dieses Krieges.

„Nicht Unsicherheit, sondern Krieg“

„Das Wort, das wir im Moment oft hören, ist ‚Unsicherheit‘, aber das richtige Wort ist ‚Krieg‘“, führte Franziskus aus und sagte mit Blick auf die Jahreszahlen der beiden Weltkriege: „Es gab den einen in 14, einen in 39-45 und nun das.“

Die Anschläge der vergangenen Wochen in Frankreich und auch Deutschland überschatten auch den Weltjugendtag in Krakau, den Anlass der Papstreise. Es gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen, viele potenzielle Teilnehmer blieben offenbar aus Angst vor neuer Gewalt zu Hause: Zur Eröffnungsmesse am Dienstag kamen nach Angaben der Polizei 200.000 Menschen, erwartet worden waren 500.000.

religion.ORF.at/dpa/KAP/AFP

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