Kritik an Missionierung muslimischer Flüchtlinge

Christliche Flüchtlingshelfer stehen in der Kritik, muslimische Asylwerber in dem griechischen Lager Moria zu missionieren, wie der „Guardian“ (Onlineausgabe vom Dienstag) berichtet. Auch in Deutschland sorgt das Thema Missionierung für Diskussionen.

Flüchtlingshelfer der NGO Euro Relief sollen versucht haben, Flüchtlinge im Internierungslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos dazu zu bringen, zum Christentum zu konvertieren. Die britische Zeitung „Guardian“ berichtet, dass in den vergangenen Monaten Flüchtlingshelfer der zentralen Hilfsorganisation im Lager mindestens zwei Mal Formulare zum Konvertieren verteilt haben.

Ein Polizist sperrt das Tor zum Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zu

Reuters/Alkis Konstantinidis

In Moria werden Menschen festgehalten, die in die Türkei abgeschoben werden

In den Formularen, die der „Guardian“ selbst in Augenschein nehmen konnte, werden Asylwerber dazu aufgerufen, einen Text zu unterschreiben, in dem unter anderem steht: „Ich weiß, ich bin ein Sünder“ sowie „Ich bitte Jesus um Vergebung meiner Sünden“. Flüchtlinge sollten darin zustimmen, dass sie in Zukunft dem Wort Jesu Christi folgen werden.

Unsensibel gegenüber Muslimen

Muslimische Asylwerber sehen die missionarische Verteilaktion als unsensibel, wie der „Guardian“ berichtet. Viele der Asylwerber sind Muslime und sehen keinerlei Veranlassung zum Christentum zu konvertieren. Besonders heikel: Die Missionierungsversuche fanden während des Ramadan statt, den für Muslime heiligen Fastenmonat. Wie die Betroffenen berichteten, verteilten mindestens zwei Flüchtlingshelfer von Euro Relief die Formulare. Die griechische Hilfsorganisation ist, seit sich einige NGOs aus Protest gegen den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal zurückgezogen haben, die größte aktive Organisation in Moria.

Der Direktor von Euro Relief Stefanos Samiotakis äußerte sich ablehnend zu der Missionstätigkeit vereinzelter Ehrenamtlicher. Er habe die freiwilligen Helfer bereits darüber informiert, dass solche Aktionen nicht erlaubt sind und bei Verstoß Sanktionen drohen. In dem stark überfüllten Internierungslager Moria stranden Menschen, die in Lesbos ankommen und wieder in die Türkei abgeschoben werden sollen.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland

REUTERS/Fabrizio Bensch

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime

Kritik von deutschen Muslimen

Auch in Deutschland ist die Missionierung von muslimischen Flüchtlingen durch Christen ein Thema. Der Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, sagte kürzlich gegenüber der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, dass Kirchen von einer „aggressiven Missionsarbeit“ bei Flüchtlingen absehen sollen, „so wie wir das auch von den Muslimen erwarten“.

Mit einem offenen Brief an Mazyek auf der evangelikalen Plattform „Bonner Querschnitte“ reagierten nun der evangelische Theologe Thomas Schirrmacher und der Jesuit Christian W. Troll: Zur Glaubensfreiheit gehöre ein Recht zur Mission, zeigten sich die beiden Christen überzeugt.

Mission als Recht

Jeder dürfe eine Religion und Weltanschauung öffentlich verbreiten und anderen empfehlen, „und zwar friedlich, respektvoll, unter Beachtung aller anderen Menschenrechte und ohne Ausnutzung von Abhängigkeiten“.

Dieses Recht stehe Muslimen, Christen, Humanisten, Atheisten, Zeugen Jehovas und Bahai und allen anderen zu, schreiben Schirrmacher und Troll. Die beiden christlichen Theologen gaben in dem Brief zudem an, dass es in Deutschland regelmäßig Übertritte von Christen zum Islam und von Muslimen zum Christentum gebe.

religion.ORF.at/KAP

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