Patriarch: Serben und Kroaten sollen nicht Hass säen

Der serbisch-orthodoxe Patriarch Irinej hat am Donnerstag bei einer Gedenkfeier in Zemun (Belgrad) gefordert, dass Serben und Kroaten statt Hass zu säen, Frieden, Liebe und Toleranz aufbauen sollten.

Das berichtet der Wiener Orthodoxe Informationsdienst (OID) am Freitag. Der Gottesdienst fand aus Anlass des 21. Jahrestags der kroatischen Militäroperation „Oluja“ („Sturm“) zur Rückeroberung der von serbischen Sezessionisten regierten Krajina statt.

Die Militäroperation „Oluja“ begann am Morgen des 4. August 1995 und dauerte bis zum 9. August. Mit der Militäroperation konnte Kroatien ein Drittel seines Staatsgebietes wieder unter Kontrolle bringen. Damit wurde der Bürgerkrieg mit 16.000 kroatischen Todesopfern oder immer noch Vermissten sowie tausenden serbischen Toten beendet.

Über 200.000 Serben vertrieben

Im Zuge der „Oluja“ wurden mehr als 200.000 Serben aus Kroatien vertrieben. Die meisten der Vertriebenen mussten alles, was sie besaßen, zurücklassen. Während der Militäroperation kam es zu Rache-und Vergeltungsaktionen sowie Übergriffen auf die serbische Zivilbevölkerung vonseiten des kroatischen Militärs. Die Angaben über die Zahlen der ermordeten Serben schwanken je nach Quelle von einigen hundert bis mehrere Tausend.

Während Kroatien jedes Jahr am 5. August - dem Tag des Einmarsches kroatischer Truppen in Knin, der Hauptstadt der Krajina - pompöse Siegesfeiern veranstaltet, ist der Tag in Serbien ein Tag der Volkstrauer. Gegenseitige Beschuldigungen stehen auf der Tagesordnung, die Geschichte ist nach wie vor weder in Kroatien noch in Serbien aufgearbeitet.

Kritik an „Schweigen Europas“

Patriarch Irinej hob laut dem „Orthodoxen Informationsdienst“ bei der Gedenkfeier auch hervor, dass das „Schweigen Europas“ in Bezug auf die aktuelle „Verherrlichung der Ustaschas“ in Kroatien die Frage aufwerfe, „ob unser Wunsch gerechtfertigt ist, Mitglied der EU zu werden“. "Wir gedenken der Leiden unseres Volkes in der bekannten Aktion Oluja, die von Seiten des kroatischen Militärs und der Polizei 1995 begonnen wurde.

Die Aktion der Vertreibung hat die Regionen von Dalmatien, Lika, Kordun und Banija umfasst, die Region der Serbischen Krajina. Ziel der Vertreibung war es, alle Serben aus ihren jahrhundertealten Heimatstätten zu vertreiben und dadurch Kroatien von den Serben und der Orthodoxie zu säubern", erklärte Patriarch Irinej.

Erinnerung an Grausamkeiten

Er fügte hinzu, dass das schon der Plan des Ustascha-Kroatiens (1941-45) und der damaligen Führung der römisch-katholischen Kirche gewesen sei. „Dieser Idee wurde über eine Million unschuldiger Serben, auf eine Art, wie sie die neuere Geschichte nicht kennt, geopfert. Das bezeugen die Lager in Jasenovac, Jadovno, Gradine und Dutzende andere Leidensorte, Höhlen und Felsspalten, in die die Serben geworfen wurden und einen grausamen Tod erlebten“, so Patriarch Irinej wörtlich.

Die von Irinej genannte Opferzahl wird allerdings von kroatischer Seite bestritten. Die Gesamtopferzahl Jugoslawiens - aller Volksgruppen - wird von seriösen Wissenschaftlern heute mit einer Million angegeben. Ältere Opferangaben aus kommunistischer Zeit sprachen von 1,7 Millionen.

Irinej sieht jedenfalls ein Neuaufleben der Verherrlichung der Kriegsverbrecher im heutigen Kroatien. „Das Wiederbeleben des faschistischen und Ustascha-Kroatiens bringt Angst und Unsicherheit unter den Serben in Kroatien, während Europa ruhig zuschaut. Stille und Schweigen der römisch-katholischen Kirche und ihrer Vertreter auf alle diese Ereignisse machen ernsthaft besorgt“, so Irinej wörtlich bei der Gedenkfeier.

religion.ORF.at/APA/KAP