Waldenser sehen bei Katholiken Öffnung zu Dialog

Aus Sicht der protestantischen Waldenser in Italien ist eine neue Zeit des Dialogs mit der römisch-katholischen Kirche angebrochen. Die Ökumene ist Thema einer Synode der Waldenser- und Methodisten-Kirchen, die am Sonntag begann.

Es gebe eine „Saison der Öffnung“ und des „zunehmenden Vertrauens“ im Austausch miteinander, der in den vergangenen Jahren ein wenig gestockt habe, sagte Pastor Eugenio Bernardini, Moderator der „Tavola Valdese“, dem wichtigsten Gremium der Waldenser-Methodisten in Italien dem Sender Radio Vatikan am Sonntag.

Die sich wandelnde Welt brauche eine „Präsenz der Einheit“ der Christen, die sich heute noch in getrennten kirchlichen Institutionen ausdrücke, sich aber „hoffentlich in den wesentlichen Dingen einig ist“, so Bernardini.

Grußbotschaft von Papst Franziskus

Papst Franziskus sieht Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Protestanten in der Flüchtlingshilfe und beim Umweltschutz. Trotz bestehender Unterschiede könnten beide gemeinsam Armen, Kranken und Migranten helfen und sich für den Umweltschutz und die Glaubensverkündung stark machen, steht in einer Grußbotschaft des Papstes zum Beginn der Synode der waldensischen und der Methodistenkirche im norditalienischen Torre Pellice am Sonntag. Er bete für den „Weg zur vollen Einheit“, heißt es in dem von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichneten Schreiben zum Auftakt der Synode.

Synode in Italien

Die Ökumene ist ein Thema der Synode der Waldenser- und Methodisten-Kirchen von 21. bis 26. August. Ebenfalls auf der Tagesordnung der sechstägigen Zusammenkunft stehen die Flüchtlingsfrage und das 500. Reformationsgedenken. Unter den 180 erwarteten Teilnehmern der Synode sind auch Abgesandte der italienischen Bischofskonferenz.

Papst Franziskus beim Besuch der Waldenser-Kirche in Turin

Reuters/Alessandro Garofalo

Papst Franziskus beim Besuch der Waldenser-Kirche in Turin im März 2016

Im März 2016 hatte Papst Franziskus als erster Papst überhaupt Angehörige der Waldenser empfangen. Er hatte zuvor - im Juni 2015, ebenfalls als erster Papst - in Turin eine Kirche der protestantischen Freikirche betreten und dort um Vergebung für die Unterdrückung und Verfolgung der Glaubensgemeinschaft durch die katholische Kirche gebeten.

Über Jahrhunderte unterdrückt

Die im 12. Jahrhundert vom Lyoner Kaufmann Petrus Valdes (um 1140-1206) gegründete Glaubensgemeinschaft zählt heute rund 100.000 Mitglieder. Die meisten von ihnen leben in Italien. Sie wurden über Jahrhunderte unterdrückt und ihre Mitglieder von der katholischen Kirche, namentlich der Inquisition, als Häretiker (Ketzer) verfolgt.

Vermutlich um 1175 fasste Petrus Valdes den Entschluss, so zu leben, wie Jesus es seinen Aposteln geboten hatte. Seine Bekehrung war ein Ausdruck der starken religiösen Strömung dieser Zeit, wieder zur Urkirche zurückzukehren und ein apostolisches Leben zu führen. Valdes ließ Teile der Bibel und Auszüge aus Heiligengeschichten in den provenzalischen Dialekt übersetzen und wanderte bettelnd als Bußprediger durchs Land. Bald schlossen sich ihm viele Menschen an.

Eingeschränkt und exkommuniziert

Wegen eigenmächtiger Predigt und anderer „Missbräuche“ vom Erzbischof von Lyon zur Verantwortung gezogen, wandte sich Waldes an das Laterankonzil von 1179. Papst Alexander III. lobte das Armutsgelübde, verbot den Waldensern aber die Glaubenspredigt und erlaubte die Sittenpredigt nur unter Aufsicht des Klerus. Die Waldenser setzten sich aber bald über diese Einschränkungen hinweg und wurden so 1184 von Papst Lucius III. exkommuniziert.

Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert breiteten sich die Waldenser in weiten Teilen West- und Mitteleuropas aus. Man konnte sie etwa in Italien, Deutschland, Böhmen, Polen, Ungarn, der Schweiz und in Österreich antreffen. Sie verwarfen mit der Zeit die kirchliche Lehrautorität, Hierarchie, Traditionen und - abgesehen von der Buße, Taufe von Erwachsenen und dem Abendmahl - die katholische Sakramente. Sie lehnten Heiligen-, Bilder-, und Reliquienverehrung genauso ab wie Fürbitten, Messen für Verstorbene, Ablass, Kriegsdienst und die Todesstrafe.

Anerkennung im 19. Jahrhundert

Da die Waldenser als Ketzer verfolgt wurden, konnten sie sich letztlich nur in einigen Alpentälern des Piemonts behaupten. Im Jahre 1532 schlossen sich die verbleibenden Anhänger der Reformation an. Seit 1562 gab es Waldenser nur noch in den Cottischen Alpen, die damals teilweise zu Frankreich, teilweise zu Savoyen-Piemont gehörten.

Ende des 17. Jahrhunderts mussten viele französischen Waldenser auf Grund von Verfolgung und Vertreibung Zuflucht in Deutschland suchen. Im 19. Jahrhundert emigrierten viele Waldenser aus Piemont nach Amerika. Nach der Zuerkennung ihrer religiösen Rechte im Jahre 1848 breitete sich die Waldenserkirche über ganz Italien aus. 1975 gingen die italienischen Waldenser mit Italiens Methodisten zusammen. Bei den Waldensern sind Frauenpriestertum und die Segnung homosexueller Paare möglich.

religion.ORF.at/KAP/APA

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