Benedikt XVI.: Rücktritt erschien mir Pflicht

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat seinen freiwilligen Amtsverzicht im Jahr 2013 als seine „Pflicht“ bezeichnet. Es habe damals viele Verpflichtungen gegeben, die zu Ende zu bringen er sich nicht in der Lage gesehen habe, heißt es in einem Interview.

Das Gespräch mit dem emeritierten Papst (2005-2013) veröffentlichte die italienische Tageszeitung „Repubblica“ (Mittwoch-Ausgabe). Er habe sich nach den Erfahrungen seiner Mexiko- und Kuba-Reise im Frühjahr 2012 nicht in der Lage gefühlt, eine weitere so anstrengende Reise zu machen, doch das wäre erforderlich gewesen. Denn eine persönliche Anwesenheit beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro im Juli 2013 sei unumgänglich gewesen; eine bloße Video-Zuschaltung wäre keine Alternative gewesen.

Neue Ratzinger-Biografie

Das „Repubblica“-Interview ist eine Vorabveröffentlichung aus einer italienischen Ratzinger-Biografie. Sie kommt am 30. August in die italienischen Buchhandlungen. Verfasser der Biografie „Servitore di Dio e dell’umanita“ (Diener Gottes und der Menschheit) ist der italienische Theologe Elio Guerriero.

Papst Benedikt XVI. erteilt den Angelus-Segen (Jänner 2013)

APA/ANSA/Maurizio Brambatti

Papst Benedikt XVI. erteilt den Angelus-Segen (Jänner 2013)

Guerriero fragte den emeritierten Papst nach dem genauen Zeitpunkt, wann er sich entschieden habe, das Amt aufzugeben, schließlich habe er ja schon zu Beginn seiner Amtszeit sein Pallium in L’Aquila auf den Sarkophag von Papst Coelestin V. niedergelegt, einem ebenfalls zurück getretenen Papst. Benedikt XVI. präzisierte mit der schon angesprochenen Reise.

„Musste in relativ kurzer Zeit entscheiden“

In den Tagen von Mexiko und Kuba „habe ich sehr stark die Grenzen meiner physischen Kraft erfahren“. Darüber habe er mit seinem Arzt gesprochen und sei schließlich zur Überzeugung gekommen, dass er nicht mehr am Weltjugendtag in Rio teilnehmen werde können. „Von dort an musste ich in relativ kurzer Zeit über das Datum meines Rückzugs entscheiden.“

Guerriero gegenüber sagte Benedikt XVI. auch, dass sein Gehorsam gegenüber seinem Nachfolger nie zur Diskussion gestanden sei. Für Franziskus empfinde er „ein Gefühl tiefer Gemeinschaft und Freundschaft“. Seit dem Tag der Wahl von Franziskus verbinde beide eine „wunderbar väterlich-brüderliche“ Beziehung.

Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus bei Benedikts 65-jährigem Priesterjubiläum

APA/AP/L'Osservatore Romano/Pool

Päpste Franziskus und Benedikt XVI: „Väterlich-brüderliche“ Beziehung

Dass er sich nach seinem Rücktritt einem zurückgezogenen und dem Gebet verschriebenen Leben im früheren Kloster „Mater Ecclesiae“ widmen wolle, sei ihm schnell klar gewesen, so Benedikt XVI. Er habe das Kloster öfter besucht. "Da öffnete sich mir fast natürlich die Gewissheit, dass dies der Ort sein würde, an den ich mich zurückziehen konnte, um auf meine Weise den Gebetsdienst, zu dem Papst Johannes Paul II. dieses Haus bestimmt hatte, fortzusetzen.

Reise zu Weltjugendtag als Grund

„Ein Weltjugendtag ohne die physische Präsenz des Papstes ist undenkbar“, so Benedikt XVI.: „Das war ein weiterer Umstand, weshalb ich den Rücktritt als meine Pflicht gesehen habe.“ Am 11. Februar 2013 hatte Benedikt XVI. vor den versammelten Kardinälen überraschend seinen Amtsverzicht angekündigt. Es war der erste freiwillige Rücktritt eines Papstes seit dem Mittelalter. Seither lebt der Emeritus zurückgezogen im früheren Kloster „Mater Ecclesiae“ in den vatikanischen Gärten.

Weiteres Buch mit Spannung erwartet

Interviews gibt Benedikt XVI. nur selten. Weltweit wird deshalb auch das neue Interviewbuch des deutschen Religionsjournalisten Peter Seewald mit dem emeritierten Papst mit Spannung erwartet, das am 9. September in mehreren Sprachen erscheint. Seewald und Kurienerzbischof Georg Gänswein präsentieren die deutsche Originalausgabe - sie erscheint unter dem Titel „Benedikt XVI. - Letzte Gespräche“ im Verlag Droemer - am 12. September in München.

Wie das römische katholische Nachrichtenportal www.aleteia.org berichtete, geht es im Buch auch um die „Regensburger Rede“, die der deutsche Papst vor zehn Jahren in seiner Heimat gehalten hatte. Der Vortrag an der Universität der Donaustadt hatte 2006 in der islamischen Welt einen Sturm der Entrüstung und Gewaltausbrüche ausgelöst.

Franziskus: „Volkstümlicher Touch“

Auf einer persönlichen Ebene äußert sich Benedikt den Angaben zufolge in dem Buch mit großer Wärme über seinen Nachfolger Franziskus, der - wie er zugibt -, einen volkstümlichen Touch habe, der eine Qualität sei, die ihm gefehlt habe. Beim Konklave 2013 habe er „einige Namen im Kopf“ gehabt; definitiv nicht darunter gewesen sei aber jener von Jorge Bergoglio.

Zu den kontroversen Urteilen über Benedikts Pontifikat soll sich der „Emeritus“ teils auch mit Selbstkritik äußern. Er habe einsehen müssen, dass die gewaltige Aufgabe, das Papsttum zu reformieren - und insbesondere den Vatikan -, seine Kräfte bei weitem überstieg.

„Papa emeritus“ Benedikt hatte im April seinen 89. Geburtstag und im Juni den 65. Jahrestag seiner Priesterweihe gefeiert. Zuletzt äußerte er sich bei der Feier ihm zu Ehren am 28. Juni in der vatikanischen Sala Clementina, in Gegenwart von Papst Franziskus, in einer frei gesprochenen Dankesrede.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Links: