D: Religionsvertreter besorgt über Wahl in Mecklenburg

Deutsche Kirchenvertreter und der Zentralrat der Juden haben besorgt auf das Ergebnis der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern reagiert, bei der die rechtspopulistische AfD zweitstärkste Kraft wurde.

In einer am Sonntagabend verbreiteten gemeinsamen Erklärung werteten die katholischen Erzbischöfe von Hamburg und Berlin, Stefan Heße und Heiner Koch, das Ergebnis als „Alarmsignal für die Politik“. Die in der vergangenen Zeit „erkennbar gewordenen Ängste und Sorgen der Menschen müssen ernst genommen werden“, forderten die Kirchenmänner, zu deren Erzbistümern das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gehört.

Erzbischöfe: Politik stärker gefordert

„Lösungen dafür müssen sich in Debatten und Kompromissen des parlamentarischen Alltags wiederfinden“, schrieben Heße und Koch. „Dabei brauchen wir aber weniger Polarisierungen und mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Basis dafür müssten die „in der unantastbaren Würde aller Menschen verankerten Grundrechte“ sein.

Auf die rechtspopulistische AfD, die in Mecklenburg-Vorpommern aus dem Stand auf 20,8 Prozent kam und damit zweitstärkste Kraft wurde, gingen die Erzbischöfe in ihrer Erklärung nicht namentlich ein. Demoskopen zufolge hat die Partei vor allem von der Unzufriedenheit mancher Wähler mit der Flüchtlingspolitik profitiert.

Zentralrat der Juden: AfD ist Armutszeugnis

Der Wahlerfolg der AfD ist nach Ansicht des Zentralrats der Juden in Deutschland ein Armutszeugnis für die Bundesrepublik Deutschland. Die AfD habe mit ihrer Taktik, Ressentiments gegen Minderheiten zu schüren und Parolen statt Lösungen anzubieten, leider Erfolg gehabt, sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, am Montag in Berlin. „Offenbar ist vielen Wählern nicht klar oder sie nehmen es billigend in Kauf, dass sich die AfD weder in Mecklenburg-Vorpommern noch bundesweit klar vom rechtsextremen Spektrum abgrenzt.“

Angesichts des AfD-Erfolgs sollten die etablierten Parteien stärker als bisher auf die Sorgen und Nöte der Menschen eingehen, betonte Schuster. Zugleich sei es erfreulich, dass die rechtsextreme NPD im Schweriner Landtag nicht mehr vertreten sei. Aber die NPD sei für viele Rechtsextreme weiterhin die Basis für Aktionen. „Ein Verbot der NPD halten wir nach wie vor für richtig und notwendig.“

Evangelische: Treten weiter für Menschen in Not ein

Der evangelische Landesbischof der Nordkirche, Gerhard Ulrich, äußerte Besorgnis darüber, „dass populistische und fremdenfeindliche Parolen in so hohem Maße verfangen haben“. Nordkirchen-Bischof Hans-Jürgen Abromeit aus dem Sprengel Greifswald versicherte mit Blick auf das starke Abschneiden der AfD, dass die Kirchen nach ihren Kräften weiterhin für Menschen in Not eintreten werden - „seien es Einheimische oder Geflüchtete“. Andreas von Maltzahn, Bischof im Sprengel Schwerin, sagte: „Wer in einem demokratischen Verfahren gewählt wurde, ist damit nicht automatisch schon ein Demokrat.“

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, twitterte eine „Warnung“ an die anderen Parteien: „Die Strategie ‚kopieren oder ignorieren‘ geht nicht auf. Am Ende wählt ‚man‘ das populistische Original.“

Flüchtlingspolitik ausschlaggebend

CSU-Politiker machten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für das Ergebnis verantwortlich. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte einen härteren Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik. Das Ergebnis müsse „ein Weckruf für die Union sein“, sagte er der „Bild“ und den „Nürnberger Nachrichten“ (Montagausgaben).

religion.ORF.at/APA/AFP/dpa/KAP/KNA

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