Missbrauch: Bischofskonferenz aktualisiert Richtlinien

Die Österreichische Bischofskonferenz hat die seit Juli 2010 geltenden Richtlinien gegen Missbrauch und Gewalt überarbeitet und veröffentlicht. Der Fokus liegt nun stärker auf der Prävention von Missbrauch.

„Die aktualisierte Rahmenordnung entspricht inhaltlich den bisherigen Richtlinien und wurde den bereits bewährten Abläufen angepasst“, erläuterte der in der Bischofskonferenz für diese Thematik zuständige Bischof Klaus Küng im Interview mit „Kathpress“.

„Neu ist der stärkere Fokus auf Prävention und dass die von den Bischöfen im März beschlossene Rahmenordnung durch die vatikanische Glaubenskongregation offiziell approbiert ist“, so der St. Pöltner Bischof. Die Richtlinien gelten wie bisher für den gesamten kirchlichen Bereich, sowohl für die hauptamtlichen als auch für die ehrenamtlichen Mitarbeiter.

„Verdacht sofort nachgehen“

Die Jahre seit 2010 „waren eine schmerzhafte Erfahrung, belastend für alle, die daran beteiligt waren. Zugleich war es aber auch ein notwendiger, heilender Vorgang“, so Bischof Küng rückblickend.

Von daher sei klar, „dass die Bemühungen um Schutz vor Gewalt und Missbrauch - auch in der Gesellschaft - niemals als abgeschlossen betrachtet werden können und ein ständiger Auftrag für uns alle sind.“ Es sei notwendig, „sehr wachsam zu bleiben und allen Meldungen und Verdachtsmomenten sofort und gemäß den Richtlinien nachzugehen“.

Klaus Küng, Bischof von ST. Pölten

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Bischof Klaus Küng

Prävention zentral

Das „größte Anliegen“ sei und bleibe die Prävention, so Küng: „Wir dürfen darin nicht nachlassen, sie muss in allen Bereichen zu einem unbedingt notwendigen Bestandteil der seelsorglichen Arbeit werden“. Eine wichtige Aufgabe spielen dabei die „Stabsstellen für Prävention gegen Missbrauch und Gewalt“, die in den Diözesen zu errichten sind.

Neu ist auch die „Verpflichtungserklärung auf die Rahmenordnung“, die alle kirchlichen Mitarbeiter unterschreiben müssen. Damit werde deutlich gemacht, dass alle in der Kirche Mitverantwortung tragen und dort hinschauen, wo man früher zu oft weggeschaut habe, so der Bischof.

Erstkontakt mit Ombudsstellen

Die jetzigen Änderungen waren notwendig geworden, weil sich seit dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im Frühjahr 2010 ein Großteil der Betroffenen direkt an die von den Bischöfen initiierte „Unabhängige Opferschutzanwaltschaft“ unter der Leitung von Waltraud Klasnic wenden konnten. Es ging dabei um möglichst rasche Hilfe und Beratung im Sinne der Betroffenen.

Nachdem in der Folge in allen Diözesen die von der Rahmenordnung geforderten Ombudsstellen eingerichtet und besetzt waren, konnten diese ab 15. Februar 2013 wieder ausschließlich als Erstanlaufstelle fungieren. „Dem entspricht jetzt die in den neuen Richtlinien aktualisierte Verfahrensordnung“, so Küng.

Diözesankommissionen prüfen

Die Rahmenordnung sieht so das Zusammenwirken verschiedener kirchlicher Einrichtungen vor: Neben den diözesanen Ombudsstellen als Erstanlaufstellen für Opfer und Betroffene sind es die Diözesankommissionen, die ernsthaften Verdachtsfällen nachgehen und den Bischof bei der Entscheidung beraten.

Über finanzielle Hilfe und Therapiekosten entscheidet wie bisher die „Unabhängige Opferschutzkommission“ unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic. Die Auszahlung der Mittel erfolgt über die kirchliche „Stiftung Opferschutz“. Die Verfahrensordnung regelt neben der Hilfe für Opfer auch die Vorgangsweise bei mutmaßlichen Tätern sowohl hinsichtlich eines kirchenrechtlichen als auch eines staatlichen Strafverfahrens.

22 Millionen Euro für Opfer

Die neue Rahmenordnung wurde bei der vergangenen Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Linz beschlossen, bei der u.a. auch Waltraud Klasnic eine Zwischenbilanz zog. So hat sich die Unabhängige Opferschutzkommission seit 2010 mit insgesamt 1.550 Fällen befasst. Von den insgesamt 1.550 Betroffenen haben 878 angegeben, dass sie Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. In allen anderen Fällen ging es um Formen von körperlicher bzw. psychischer Gewalt. Die meisten Vorfälle sind rechtlich verjährt: 55 Prozent haben sich vor 1970, 44 Prozent von 1970 bis 1999 und 1 Prozent seit 2000 ereignet.

Von den 1.550 Fällen wurden 1.455 (94 Prozent) zugunsten der Opfer entschieden, 49 Fälle (3 Prozent) wurden abgelehnt und 46 (3 Prozent) waren damals noch nicht entschieden. Die kirchliche „Stiftung Opferschutz“ hat in der Folge alle Entscheidungen der Klasnic-Kommission über finanzielle Hilfen und Therapiekosten für die Opfer umgesetzt. Insgesamt sind von der Unabhängigen Opferschutzkommission bisher Finanzhilfen in der Höhe von 17,6 Millionen Euro und 4,4 Millionen Euro für Therapien, in Summe knapp über 22 Millionen Euro, zuerkannt worden.

religion.ORF.at/KAP

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