Jesidin erhielt Vaclav-Havel-Preis des Europarats

Die vor der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) aus dem Irak geflüchtete Jesidin Nadia Murad ist mit dem diesjährigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden.

Die Menschenrechtsaktivistin trage mit ihrem Engagement dazu bei, eine bessere Welt zu schaffen, sagte der Präsident der Versammlung, der spanische Christdemokrat Pedro Agramunt, am Montag bei der feierlichen Preisverleihung in Straßburg. Der Einsatz für die Menschenrechte sei ein „regelrechter Marathonlauf“, der täglich neue Anstrengungen erfordere. „Dies verdient unseren Respekt“, sagte Agramunt unter lautem Applaus der Abgeordneten aus den Europaratsländern.

Völkermord an religiöser Minderheit der Jesiden

Die 23-Jährige gehört der religiösen Minderheit der Jesiden an, die von der IS-Miliz als „Teufelsanbeter“ verfolgt werden. Sie forderte in ihrer Rede ein internationales Tribunal, das die Verbrechen der IS aufklären soll. Rund 12.000 Jesiden seien Opfer der Miliz geworden. Die Männer seien getötet worden, Frauen und Mädchen ab neun Jahren würden als Sexsklavinnen ausgebeutet. Die Jesiden seien heute Opfer eines Völkermordes.

Die jesidische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad

APA/AP/Yorgos Karahalis

Nadia Murad

„Doch die freie Welt reagiert nicht“, kritisierte Murad. Bis jetzt sei kein einziger IS-Aktivist bestraft worden. Es fehle am politischen Willen, den Jesiden und anderen ethnischen und religiösen Minderheiten zu Gerechtigkeit zu verhelfen. Den Preis widme sie allen vom IS verschleppten Frauen, sagte Murad weiter. Sie seien zu Sexsklavinnen reduziert worden und lebten „in einer Hölle“.

Dem IS-Terror entflohen

Murad war im August 2014 in ihrem Dorf im Nordirak von IS-Kämpfern entführt worden. Sie wurde nach Mossul gebracht und wiederholt vergewaltigt, bis ihr nach drei Monaten die Flucht nach Deutschland gelang. Seither macht sie auf das Schicksal der Jesiden aufmerksam - seit September als UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Opfer von Menschenhandel. Sie ist auch im Rennen für den diesjährigen Sacharow-Preis des Europaparlaments.

Außer der jungen Irakin waren noch die französische Menschenrechtsstiftung René Cassin und die serbische Journalistin Gordana Igric für den Preis nominiert worden. Igric hatte über Kriegsverbrechen während der Balkankriege berichtet und das Balkan Investigative Reporting Network (BIRN) gegründet.

Der 2013 geschaffene und mit 60.000 Euro dotierte Preis ist nach dem 2011 verstorbenen tschechischen Staatspräsidenten und früheren Dissidenten Vaclav Havel benannt. Vergangenes Jahr ging die Auszeichnung an die russische Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa. Frühere Preisträger waren der Aserbaidschaner Anar Mammadli und der Weißrusse Ales Bialiazki, die ebenfalls für ihr Engagement für die Menschenrechte geehrt wurden.

religion.ORF.at/AFP

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