Papst: „Böswillige Widerstände“ in der Kurie

Papst Franziskus hat vor der Kurie sein Reformvorhaben verteidigt. In seltener Deutlichkeit sprach er Widerstände in der Kurie an. Neben konstruktiver Kritik, Angst und Trägheit gebe es auch „böswillige Widerstände“, sagte Franziskus.

Diese Art von Widerstand, die „oft im Schafspelz“ daherkomme, verstecke sich „hinter rechtfertigenden und in vielen Fällen anklagenden Worten und flüchtet sich in Traditionen, Schein, Formalität, in das Bekannte“, so Franziskus in seiner Weihnachtsansprache vor Kardinälen und vatikanischen Behördenleitern am Donnerstag. Reformen seien ein Zeichen von Vitalität der Kirche und stets notwendig, sagte er.

Papst Franziskus hält seine Weihnachtsansprache vor Mitgliedern der Kurie

APA/AFP/Gregorio Borgia

Papst Franziskus bei seiner Weihnachtsansprache vor Mitgliedern der Kurie

Konkrete Beispiele nannte er nicht. Im November hatten vier Kardinäle ein Schreiben öffentlich gemacht, mit dem sie von Franziskus eine Klarstellung zu Fragen der Moral und Sakramentendisziplin im Blick auf wiederverheiratete Geschiedene verlangten. Einer der Unterzeichner, der US-Kardinal Raymond Leo Burke, kündigte eine „formelle Korrektur“ des Papstes an, wenn er der Forderung nicht nachkomme.

Aufregung bereits im Jahr 2014

Die traditionelle Weihnachtsansprache des Papstes vor der römischen Kurie hatte bereits einmal für Verstimmung im Vatikan gesorgt. Chefs pflegen an sich bei dieser Gelegenheit einen besinnlich-launigen Jahresrückblick oder ziehen nüchtern Bilanz, nicht so Franziskus. Der argentinische Papst hielt 2014 seinen leitenden Mitarbeitern eine Predigt, die sich gewaschen hatte: „Geistliches Alzheimer“ hielt er der römischen Kurie damals vor.

Und das war nur eine von „15 Krankheiten“, die der Papst diagnostizierte. Dazu kamen Eitelkeit, Karrierismus, Geschwätzigkeit und Kriecherei. Eine derart beißende Schelte vor versammelter Mannschaft, und das vor Weihnachten, machte dann doch viele sprachlos. So mancher hohe Würdenträger fühlte sich ungerecht beurteilt und reagierte verärgert - zumindest hinter vorgehaltener Hand.

Bruch mit Tradition

Franziskus brach auch hier mit einer Tradition. Sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) hatte die Ereignisse des Jahrs Revue passieren lassen oder einen theologischen Vortrag gehalten. Er sprach über Auslandsreisen, Enzykliken oder das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965). Ursprünglich hatte Benedikt XVI. nach Aussage eines engen Mitarbeiters seinen Rücktritt bereits in der Weihnachtsansprache 2012 mitteilen wollen. Der Hinweis, dass er damit die Stimmung nicht unbeträchtlich trüben würde, soll ihn jedoch davon abgebracht haben.

Einer der wenigen Zuhörer, die sich 2014 öffentlich zur Weihnachtsansprache des Papstes äußerten, war der italienische Kardinal Giovanni Lajolo. So etwas sei bisher noch nie vorgekommen, sagte der frühere Vatikan-Botschafter einer italienischen Zeitung. Zugleich nahm er Franziskus jedoch vor Kritik in Schutz. Der Papst habe nicht nur von seinen Mitarbeitern Verbesserungen verlangt, sondern sich zu allererst für seine eigenen Unzulänglichkeiten entschuldigt.

Weihnachtsansprache 2015 milder

Auffallend war, dass die Weihnachtsansprache 2015 deutlich milder ausfiel. Es gab sogar Streicheleinheiten: „An der römischen Kurie gab und gibt es wirklich Heilige“, sagte der Papst damals. Statt 15 Krankheiten präsentierte der Papst nun einen Tugendkatalog von zwölf Eigenschaften, die für den Dienst an der Kurie unverzichtbar seien.

Doch auch damals redete er den Kardinälen und Bischöfen ins Gewissen: Auch 2015 seien wieder einige Kurien-Krankheiten aufgetreten. Der Papst wandte sich ausdrücklich gegen „Bestechungsgelder“.

Frauen in Führungsrollen

In seiner Ansprache am Donnerstag nannte Franziskus als Leitlinien seiner Reform mehr Dialogkultur, die Beteiligung von Laien und Frauen an Führungsrollen und eine professionelle Personalentwicklung. Reform müsse „ein Prozess des Wachstums und vor allem der Bekehrung“ sein, die Strukturveränderung geschehe nicht zum Selbstzweck oder als „Schönheitsoperation, um die Falten zu entfernen“, sagte er; „es sind nicht die Falten, vor denen man sich in der Kirche fürchten muss, sondern die Schmutzflecken.“

„Verschlankung der Kurie“

Als Ziele nannte er auch eine klarere Gliederung der Ressorts, die Anpassung an heutige Bedürfnisse und mehr Effizienz durch Bündelung zusammengehörender Themenbereiche. Weiter gehe es um eine „Vereinfachung und Verschlankung der Kurie“, auch durch die Aufhebung einzelner Büros. Leitend für die Kurienarbeit seien Subsidiarität und Synodalität, Letztere in Form von Kabinettssitzungen, aber auch ressortübergreifenden Beratungen und Dialogprozessen innerhalb der Behörden.

Stärkere Beteiligung von Laien

Ausdrücklich sprach sich Franziskus für eine stärkere Beteiligung von Laien und für mehr kulturelle Vielfalt aus. Die „Würdigung der Rolle der Frau und der Laien im Leben der Kirche und ihre Integration in Leitungsaufgaben der Behörden“ sei sehr wichtig.

Als unerlässlich nannte der Papst eine ständige Fortbildung der Kurienmitarbeiter. Mit der Praxis, ungeeignete Amtsinhaber zu befördern, um sie wegzuschaffen, müsse endgültig Schluss sein. Franziskus nannte diese Gepflogenheit einen „Krebs“. Weiter verteidigte er die versuchsweise und befristete Einführung von Änderungen. Das sei kein Zeichen von Unentschlossenheit, sondern einer „notwendigen Flexibilität, um zu einer echten Reform zu kommen“.

religion.ORF.at/KAP

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