Boff rechnet mit Reformen des Papstes beim Zölibat

Verheiratete Priester in Brasilien könnten demnächst wieder in der Seelsorge eingesetzt werden. Damit rechnet jedenfalls der brasilianische Befreiungstheologe und Ex-Franziskanerpater Leonardo Boff.

„Das ist eine ausdrückliche Bitte der brasilianischen Bischöfe an den Papst“, sagte Boff dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vergangene Woche. Papst Franziskus wolle dieser Bitte - zunächst für eine Experimentier-Phase in Brasilien - entsprechen, sagte Boff unter Berufung auf Informationen aus der Umgebung des Papstes.

„Fesseln des Zölibats“ lösen

Er verwies auf eine damit verbundene Abmilderung des weltweit zu beobachtenden Priestermangels: „Dieses Land mit seinen 140 Millionen Katholiken sollte wenigstens 100.000 Priester haben. Es gibt aber nur 18.000. Institutionell gesehen, ist das eine Katastrophe“, sagte Boff. Zudem wäre ein solches Experiment „ein Impuls, dass die katholische Kirche die Fessel des Pflichtzölibats löst.“

Er selbst, so der ehemalige Franziskanerpater weiter, habe auch nach seiner Amtsniederlegung 1992 weiterhin priesterliche Funktionen ausgeübt - mit ausdrücklicher Billigung der Bischöfe in seinem Heimatland. „Bisher hat kein Bischof, den ich kenne, das je beanstandet oder gar verboten. Die Bischöfe freuen sich sogar und sagen mir: ‚Das Volk hat ein Recht auf die Eucharistie. Mach also ruhig weiter!‘“

Befreiungstheologe Leonardo Boff

APA/AFP/Tasso Marcelo

Befreiungstheologe und Ex-Franziskanerpater Leonardo Boff

Befreiungsthelogie rehabilitiert

Die Befreiungstheologie, die von Papst Johannes Paul II. und dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger (seit 2005 Papst Benedikt XVI.) wegen zu großer Nähe zum Marxismus verurteilt worden war, sieht Boff durch Franziskus mehr als rehabilitiert.

„Franziskus ist einer von uns. Er hat die Befreiungstheologie zum Allgemeingut der Kirche gemacht, und er hat sie ausgeweitet“, sagte Boff und verwies auf die Sorge des Papstes um die „gequälte Schöpfung“.

„Der Papst bin ich“

Er hob auch die Gesten der Versöhnung mit führenden Befreiungstheologen hervor, die von Franziskus im Vatikan empfangen worden waren. „Ich habe ihm mit Blick auf Papst Benedikt gesagt, ‚aber der andere lebt doch noch‘. Das hat er aber nicht gelten lassen. ‚Nein‘, hat er gesagt, ‚il Papa sono io‘ - der Papst bin ich. Wir sollten also ruhig kommen. Da sehen Sie seinen Mut und seine Entschiedenheit“, so Boff.

Boff hatte in der Folge der lateinamerikanischen Bischofsversammmlung von Medellin (1968), die die Option für die Armen betonte, die sogenannte Theologie der Befreiung mitentwickelt. In einer Instruktion distanzierte sich die von Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., geleitete Glaubenskongregation Anfang 1984 von Boffs Ausformung der Befreiungstheologie. Am Ende wurde Boff gemaßregelt und trat aus dem Franziskanerorden aus.

religion.ORF.at/KAP

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