Buddhistischer Appell in Sachen Kopftuchverbot

Der Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR) verfasste einen dringenden Aufruf, sich konstruktiv und lösungsorientiert zum Wohl aller einzusetzen. Die Debatte über ein Kopftuchverbot sei „nicht zielführend“.

„Leider leben wir in einer Zeit, nicht zu Unrecht als postfaktisch bezeichnet, in der eine seriöse und zielführende Auseinandersetzung erschwert wird“, schrieb Gerhard Weißgrab, Präsident der ÖBR in einer Aussendung vom Donnerstag. „Wir leben in einer Zeit, in der zunehmend radikalisiert und undifferenziert in Extremen gedacht wird, was uns die Möglichkeit nimmt, in Ruhe und mit Besonnenheit eine für alle Seiten gangbare Lösung zu finden“.

Gerhard Weißgrab

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Gerhard Weißgrab, Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft

Kopftuch „überfrachtetes Symbol“

Weißgrab äußerte sich im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Kopftuchverbot für muslimische Frauen im öffentlichen Dienst. „Es ist unbestreitbar, dass wir aktuell erheblichen gesellschaftlichen Problemen gegenüberstehen, auch mitbedingt durch weltweite Entwicklungen und Veränderungen innerhalb der islamischen Gesellschaft". Es handle sich dabei – wie die lange Geschichte der Religionen zeige – bedauerlicher Weise um immer wieder vorkommende unheilsame Entwicklungen innerhalb von Religionen.

„Das Kopftuch islamischer Frauen ist wohl das denkbar ungeeignetste Objekt, für eine konstruktive Auseinandersetzung über Probleme in diesem Kontext“, so Weißgrab. Das Kopftuch sei ein von allen Seiten weit überfrachtetes Symbol, welches für jede Form von extremen Standpunkten ins Treffen geführt werde. „Anstehende Probleme sollten daher diskutiert werden, ohne sie an solchen belasteten Symbolen festzumachen. Ansonsten wird immer nur Reaktion und Gegenreaktion entstehen und jede Sachdiskussion unmöglich sein.“

Religionen Teil der Lösung

In der globalisierten und vernetzten Welt und auch durch die großen Migrationsbewegungen der letzten Zeit, stehe auch die österreichische Gesellschaft unter diesem Einfluss und sei Teil dieser Entwicklungen. „Bei derartigen Strömungen waren und sind die betroffenen Religionen in Folge auch Teil davon und haben daher die dringende ethische und gesellschaftliche Verantwortung und Pflicht, ebenso Teil einer friedvollen und gemeinsamen Lösung zu sein“, so die Aussendung.

Staatsführung, politische Oppositionsparteien, die einzelnen Kirchen und Religionsgesellschaften, sowie Institutionen und die Zivilgesellschaft sollten die aktuellen Entwicklungen in „positiver, hilfreicher und konstruktiver Weise“ beeinflussen. „Ich habe daher auch volles Verständnis dafür, wenn unsere verantwortlichen Politiker innerhalb ihrer Ressorts in diesem Zusammenhang entsprechende Schritte planen und setzen. Es ist sogar ihre Pflicht, das zu tun und ich bin dankbar dafür.“

Debatte von vornherein sinnlos

Die aktuelle Diskussion über ein Kopftuchverbot für Musliminnen im Staatsdienst veranschauliche eine Polarisierung. „Ich möchte diesem Ansinnen überhaupt keine unlauteren Motive unterstellen, aber dass eine solche Debatte nicht fruchtbar sein kann, sollte von den handelnden Stellen bereits im Vorfeld erkannt werden.“ Anstelle einer solchen Auseinandersetzung sollte klargestellt werden, worum es wirklich gehe und darauf aufbauend sollten gemeinsame Lösungswege mit allen Betroffenen gesucht werden, schlägt der ÖBR-Präsident vor.

Verbot für alle oder keine religiösen Symbole

Worum es ganz sicher nicht gehen könne, sei ein Ausschluss, ein Verbot oder eine Diskriminierung von Menschen muslimischen Religionsbekenntnisses. „Der Islam gehört, wie 15 weitere Religionen, in Österreich zu den anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften. Daher darf es auch kein Verbot von Symbolen einzelner staatlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften geben – oder – dieses Verbot gilt grundsätzlich für die Symbole aller Kirchen und Religionsgesellschaften“, so Weißgrab.

Er glaube aber nicht, dass jemand das wolle, da die Menschen in Österreich mit der säkularen Lösung hier in Österreich in den letzten Jahrzehnten erfolgreich gewesen sei. „Und es ist wichtig, dabei anzuführen, dass auch der Islam in Österreich Teil dieser Erfolgsgeschichte ist.“

religion.ORF.at

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