IKG-Präsident: Wissen um Holocaust weitergeben

In seiner Rede zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner am Heldenplatz in Wien, sagte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, das ungeheure Leid der Opfer müsse für immer Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses bleiben.

Deutsch zitierte laut einer Aussendung der IKG den Schriftsteller und Nobelpreisträger Imre Kertész mit den Worten: „Seit Auschwitz ist nichts geschehen, was Auschwitz aufgehoben, was Auschwitz widerlegt hätte. Der Holocaust konnte in meinem Werk niemals in der Vergangenheitsform erscheinen.“ Diese Worte würden nicht nur die unmenschliche Dimension des Verbrechens ausdrücken, sondern auch die Unmöglichkeit, dieses Verbrechen der Geschichte zu überantworten und zu vergessen, so Deutsch.

Oskar Deutsch

APA/Herbert Pfarrhofer

IKG-Präsident Oskar Deutsch

Der IKG-Präsident erinnerte an den Beginn der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, die mittels drastischer Maßnahmen wie Berufsverboten, Boykott von Geschäften, der Erlassung der „Nürnberger Gesetze“, Schulverweis jüdischer Kinder, Aufenthaltsbeschränkungen und anderen, jüdische Familien in die Armut, Isolation und Verzweiflung getrieben haben.

Erinnerung wach halten

Er führte vor Augen, wozu aufgehetzte Bürger fähig waren, die, verstärkt von Einheiten der SA, SS und Hitlerjugend, in der Nacht von 9. auf 10. November 1938 alleine in Wien 49 Synagogen und Bethäuser zerstörten, 4038 Geschäfte verwüsteten und 27 Juden ermordeten. Von den 6.000 verhafteten Juden wurden mehr als die Hälfte nach Dachau deportiert. Das Ausmaß der Gräueltaten, die Dimension der Vernichtungspolitik und das ungeheure Leid der Opfer müsse für immer Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses bleiben, mahnte Deutsch in seiner Rede.

Dass immer mehr Überlebende des Holocaust sterben, hinterlasse eine nicht zu schließende Lücke. Mit Zeitzeugen wie Ari Rath und Leo Luster, die vor kurzem gestorben sind, erinnerte der Präsident der IKG an Menschen, welchen die Weitergabe ihrer Erfahrungen, vor allem auch an die Jugend, von großer Wichtigkeit war. „Es liegt nun in der Verantwortung der nachfolgenden Generationen, sich der Vergangenheit bewusst zu bleiben und dafür zu sorgen, dass mit dem Verlust der Zeitzeugen diese Zeit nicht in Vergessenheit gerät“, so der Appell des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde.

Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien wird eröffnet

In Wien wird am Samstag das neue „Wiener Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien“ eröffnet. Zuvor in zwei Wohnungen untergebracht, stehen dem Institut nun größere Räumlichkeiten in einem Haus in der Wiener Innenstadt zur Verfügung, berichtete das Ö1-Morgenjournal am Freitag.

Geschäftsführer Bela Rasky sagte, das Institut wolle nun über den wissenschaftlichen Bereich hinaus wirken: „Es ist auch Wiesenthals zentrales Anliegen gewesen, auch über dieses Akademische hinauszugehen und zu sagen, wir vermitteln etwas anderes und das ist eine große Aufgabe, die uns bevorsteht.“

„Nazi-Jäger“ Wiesenthal

Simon Wiesenthal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als „Nazi-Jäger“ bekannt und zog sich mit seiner unermüdlichen Aufklärungsarbeit den Unmut zahlreicher österreichischer Politiker zu, auch des legendären SPÖ-Bundeskanzlers Bruno Kreisky. Vor seinem Tod im Jahr 2005 entwickelte der KZ-Überlebende auch die Idee eines Instituts für die Erforschung des Holocaust.

Das Wiesenthal-Institut wurde im Jahr 2008 gegründet und beherbergt den Großteil der Dokumente Wiesenthals, shoahrelevante Teile des Archivs der Israelitischen Kultusgemeinde und etwa 11.000 Bände zum Thema. Im September 2014 wurde der Grundstein für das neue Gebäude am Rabensteig 3 in der Nähe des Schwedenplatzes gelegt. Die Kosten für Räumlichkeiten und Infrastruktur teilen sich Bund und Stadt Wien. Auf 1.350 Quadratmetern sollen die Wissenschaftler künftig arbeiten.

religion.ORF.at/APA

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