Theologe: Trump-Dekret ist vor allem Symbolpolitik

Der Theologe, Sozialethiker und USA-Experte Gregor Scherzinger sieht das Dekret von US-Präsident Donald Trump zur Stützung der Religionsfreiheit skeptisch.

Ob sich letztlich der öffentliche und politische Spielraum der religiösen Institutionen wirklich erweitern wird, sei unklar, sagte der Wissenschaftler vom Institut für Sozialethik der Universität Luzern am Freitag der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Trumps bisherige Initiativen und Anordnungen hätten nur mäßigen politischen Erfolg gehabt.

„Aufwendiger Fototermin ohne politische Relevanz “

Es lasse aufhorchen, wenn die American Civil Liberties Union in dem Dekret nur einen „aufwendigen Fototermin“ ohne politische Relevanz sehe, so Scherzinger. Sie sei eine der profiliertesten Organisationen, die sich „dem juristischen Kampf gegen religiös begründete Privilegien verschrieben“ hätten.

Andere Kommentatoren werteten dies ebenso. Das Dekret sei eher die Bestätigung des Status quo. Es enthalte keine Veränderungen bezüglich der politischen Rolle von kirchlichen Organisationen.

Scherzinger betonte, für Vertreter religiöser und kirchlicher Institutionen, die sich im Wahlkampf für Trump ausgesprochen hatten, sei das Dekret wichtig, weil sie damit zeigen könnten: „Seht her, wir hatten es gesagt: Dieser Präsident setzt sich für die Interessen unserer Gemeinschaften ein.“ Auch präsentiere sich Trump als Verteidiger der religiösen Identität der Nation und als ein Präsident, der seine Wahlversprechen einlöst.

Keine Finanzierung von Verhütungsmitteln

Das Dekret formuliert als ein Ziel, religiösen Institutionen zu erleichtern, aus der indirekten Finanzierung von Verhütungsmitteln ihrer Arbeitnehmerinnen über die Krankenkassenprämien auszusteigen.

Allerdings gebe es, so Scherzinger, auch in der bisherigen Gesetzgebung bereits Ausnahmen und Umwege für kirchliche Arbeitgeber. In diesem Lichte erscheine die Unterzeichnung des Dekrets „im Rosengarten des Weißen Hauses als ein weiteres Beispiel trumpscher Symbolpolitik“.

Innerkirchliche Auseinandersetzungen

Scherzinger sieht auch Kirchenvertreter nun vor internen Auseinandersetzungen. Die Skepsis gegenüber einer Politisierung der eigenen Kirche und Religion sei nicht nur unter den protestantischen US-Amerikanern weit verbreitet. Auch viele Katholiken sähen es äußerst ungern, wenn von der Kanzel konkrete Politiker unterstützt werden.

Zudem seien auch die Meinungen bezüglich der Verwendung von Verhütungsmitteln unter Christen sehr verschieden. Viele sähen solche moralischen Fragen als individuelle Gewissensfragen. Die offiziellen Vertreter von Religionsgemeinschaften, die der Unterzeichnung beiwohnten, bewegten sich folglich, so der Theologe, „auf einem schmalen Grat zwischen religiöser Interessenvertretung und politischer Instrumentalisierung“.

religion.ORF.at/KAP

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