Frankreich: Großteil der Katholiken wählte Macron

71 Prozent der regelmäßig praktizierenden Katholiken haben bei der Stichwahl am Sonntag für den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron gestimmt.

Das geht aus einer am Montag von der französischen Zeitung „La Croix“ veröffentlichten Umfrage hervor. Noch mehr Zustimmung erhielt Macron nur von den Muslimen. 92 Prozent von ihnen wählten den unabhängigen Kandidaten.

Die Umfrage zeige allerdings auch große Unterschiede der katholischen Wählerschaft, berichtet „La Croix“. Während 46 Prozent gelegentlich praktizierende Katholiken den Front National wählten, waren es bei den regelmäßig praktizierenden 29 Prozent.

Wahlbeteiligung höher als Durchschnitt

Zum Vergleich: Insgesamt wählten 34 Prozent der Gesamtbevölkerung Marine Le Pen vom Front National. Die Wahlbeteiligung lag bei Katholiken (80 Prozent) und Protestanten (76 Prozent) höher als im Durchschnitt der Bevölkerung (65 Prozent).

In der ersten Wahlrunde hatten die meisten Katholiken den Republikaner Francois Fillon gewählt. Er hatte es nicht in die Stichwahl geschafft. Die Hälfte dieser Wähler stimmte für Macron, etwa ein Viertel für Le Pen. Die restlichen Wähler beteiligten sich nicht oder gaben einen leeren Stimmzettel ab.

„Schweigen der Bischöfe“

Anders als 2002, als die katholischen Bischöfe ausdrücklich vor der Wahl des Front National gewarnt hatten, verzichteten sie diesmal auf eine klare Stellungnahme. Dieses „Schweigen der Bischöfe“ brachte ihnen im Vorfeld der Wahl Kritik ein. Der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Georges Pontier, stellte vergangene Woche klar, dass es „keine katholische Wahlempfehlung“ gebe.

Kirche Eglise Notre-Dame-de-la-Croix de Menilmontant in Paris

APA/AFP/Philippe Lopez

Viele Katholiken stimmten für Macron - trotz „Schweigens der Bischöfe“

Der Bischof von Toulon, Dominique Rey, verteidigte die Haltung der Bischofskonferenz. Die Kirche müsse „bei ihren Leisten bleiben“ und dürfe lediglich „an Prinzipien erinnern“.

Kirche Frankreichs „resigniert“

Indes hatten die katholischen Tageszeitung „La Croix“ und die katholische Wochenzeitschrift „La Vie“ in ihren Leitartikeln zur Wahl des überparteilichen Kandidaten Emmanuel Macron aufgerufen. „Es gibt nicht mehr diesen Willen wie 2002, dem Extremismus einen Riegel vorzuschieben“, kommentierte „La Croix“ das Verhalten der Bischöfe. Die Tageszeitung „Le Monde“ beobachtete vergangene Woche sogar „offen zutage liegende Spaltungen“ in der katholischen Kirche: „Die Kirche Frankreichs scheint resigniert zu haben und die extreme Rechte nur noch als banal anzusehen.“

Völlig konträr dazu hatten die Spitzenvertreter von Protestanten, Judentum und Islam in Frankreich am Donnerstag gemeinsam zur Wahl Macrons aufgerufen. In ihrem bisher beispiellosen Appell heißt es, nur Macron könne für ein Frankreich stehen, das seine Stärke aus der Geschichte schöpfe und mit Vertrauen in die Zukunft blicke. Die Unterzeichner betonen, sie fühlten sich als Repräsentanten des religiösen Lebens zwar zu politischer Neutralität verpflichtet, hofften jedoch auf einen Kandidaten, der für ein „großherziges, tolerantes und weltoffenes Frankreich“ stehe.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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