Wittenberg: Mahnwache gegen „Judensau“-Relief

Im deutschen Wittenberg startet am Mittwoch eine wöchentliche Mahnwache gegen das „Judensau“-Relief an der Stadtkirche St. Marien. Das antisemitische Bildmotiv „Judensau“ gehört seit dem Mittelalter zu den übelsten Schmähungen des Judentums.

Ziel der Mahnwache sei es, dass die antisemitische Schmähskulptur noch innerhalb dieses Jahres fachgerecht entfernt und an einen musealen Ort zu Forschungs- und Bildungszwecken gebracht werde, erklärte das neugegründete „Bündnis zur Abnahme der Judensau im Reformationsjahr 2017“ am Montag in Wittenberg. Die stille Mahnwache soll bis zum 21. Juni jeweils mittwochs zwischen 15.00 und 19.00 Uhr auf dem örtlichen Marktplatz stattfinden.

Gedenktafel nicht ausreichend

Die bereits 1988 von der Gemeinde im Boden vor der Stadtkirche eingelassene Gedenktafel stelle „zwar für sich selbst ein historisch wertvolle Errungenschaft gegen kirchlichen und lutherischen Antisemitismus dar“, doch sei das nicht ausreichend, so die Initiatoren, ein evangelischer Pfarrer aus Leipzig und eine evangelische Ordensfrau aus Darmstadt.

Nur durch die Entfernung des Reliefs könne „die ernsthafte Abkehr der evangelisch-lutherischen Kirche von ihrem geschichtlichen Erbe des Antisemitismus sichtbar machen“, zumal die Stadtkirche als „Mutterkirche der Reformation“ weltweite Symbolkraft habe.

Das antisemitische Steinrelief ("Judensau") auf der Stadtkirche Wittenberg (St. Marien)

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Das antisemitische Steinrelief („Judensau“) auf der Stadtkirche Wittenberg

Mehrere Kirchen betroffen

Auf dem Sandsteinrelief ist ein Rabbiner zu sehen, der den Ringelschwanz eines Schweins anhebt. Weitere Figuren suchen ganz offenbar nach den Zitzen des Tieres. Das Schwein gilt den Juden als unrein.

Das Bildmotiv „Judensau“ gehört seit dem Mittelalter zu den übelsten Schmähungen des Judentums. Noch heute finden sich entsprechende Darstellungen an rund 30 evangelischen und katholischen Kirchen in Mitteleuropa. Die Liste reicht vom 700 Jahre alten Chorgestühl des Kölner Doms über zwei Figuren am Martinsmünster im elsässischen Colmar bis zu einem Säulenkapitell im Kreuzgang des Doms in Brandenburg an der Havel.

Bereits im vergangenen August hatte eine Online-Petition auf Initiative eines jüdischen Briten gefordert, die Wittenberger Stadtkirche möge kurz vor dem 500. Jahrestag der Reformation ein Zeichen setzen und die „Judensau“ entfernen. Denkmalschützer und Wissenschaftler verfolgen die Debatte mit Skepsis.

religion.ORF.at/KAP

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