D: Zehntausende bei Abschlussfeier des Kirchentags

Zum Abschluss des Evangelischen Kirchentages haben Zehntausende Gläubige einen Gottesdienst in Wittenberg gefeiert. Die bunte Feier unter strahlend blauem Himmel auf den Elbwiesen bildete einen Höhepunkt des fünftägigen Glaubensfestes.

Der Kirchentag begann am Mittwoch in Berlin, ehe die Teilnehmer nach Wittenberg weiterreisten. Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahm an dem Gottesdienst teil. Für den Nachmittag und Abend sind ein Picknick und ein Abschlusskonzert geplant. Die Veranstalter sprachen von 120.000 Gottesdienstbesuchern.

Christoph Riedl-Daser berichtet für religion.ORF.at aus Wittenberg

Inspirierendes Navigationssystem

Der Primas der Anglikanischen Kirche in Südafrika, Erzbischof Thabo Makgoba, erinnerte in seiner Predigt an die historische Leistung des Reformators Martin Luther. „Er war einer der wahren Väter demokratischer Freiheit“, sagte er.

Die Reformation sei ein theologischer Wendepunkt, aber auch ein entscheidender Moment für die gesellschaftliche und politische Entwicklung der Menschheit. Sie betreffe nicht nur die Vergangenheit. „Interpretiert im heutigen Kontext, kann sie unser Leitfaden, unser inspirierendes GPS, unser globales Positionierungssystem für die nächsten 500 Jahre werden.“

„Stargast“ war der frühere US-Präsident Barack Obama

Beim Kirchentag Berlin-Wittenberg gab es rund 2.500 Veranstaltungen, darunter Bibelarbeiten, Diskussionsrunden, Workshops, Konzerte und Kunstprojekte. Die Veranstalter zählten an den Programmtagen in Berlin etwa 106.000 Dauerteilnehmer sowie 30.000 Tagesgäste, „Stargast“ war der frühere US-Präsident Barack Obama.

Die Einbindung Wittenbergs war den Organisatoren wichtig, weil der Überlieferung nach Martin Luther hier am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen anschlug - dies gilt als Ausgangspunkt der Reformation. Die Evangelische Kirche feiert in diesem Jahr 500 Jahre Reformation.

Wittenberg

ORF/Christoph Riedl-Daser

In Wittenberg soll Martin Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlicht haben

Die Bahn setzt 100 Sonderzüge ein, um die Menschen nach Wittenberg zu bringen - von Berlin aus fuhren die Shuttlezüge im Zehn-Minuten-Takt.

Sonnenaufgangsandacht auf Kirchentag

Mit einer Sonnenaufgangsandacht haben Hunderte Gläubige am Sonntag den Abschlusstag des Evangelischen Kirchentages in Wittenberg eingeläutet.

Viele Besucher hatten bereits die Nacht mit Isomatten und Schlafsäcken auf der Festwiese an der Elbe verbracht. Sanfte Klänge aus Vibrafon, Klavier und Posaune weckten die Gläubigen gegen 4.30 Uhr.

Während die Sonne langsam über der Wiese aufstieg, krochen immer mehr der über Nacht Gebliebenen aus ihren Schlafsäcken. Sie versammelten sich vor dem großen Kreuz in der Mitte der Wiese, das die Veranstalter statt der Hauptbühne für die Morgenandacht ausgewählt hatten. 

Bundeswehr-Pontonbrücke für Kirchentagsbesucher

Die Bundeswehr hat für den Abschlussgottesdienst des Evangelischen Kirchentags in Wittenberg eine Pontonbrücke über die Elbe errichtet. Die ersten Besucher nutzten die rund 100 Meter lange Querung am frühen Sonntagmorgen auf dem Weg zum Festgelände.

„Wir können jetzt sicherstellen, dass alle pünktlich zum Gottesdienst auf die Wiese gelangen“, sagte der Landrat des Landkreises Wittenberg, Jürgen Dannenberg (Linke), bei der Freigabe der Brücke. Zum Gottesdienst, der um 12 Uhr beginnt, werden rund 100.000 Besucher erwartet. Die Pontonbrücke stellt die kürzeste Verbindung zur Wittenberger Altstadt her.

Die Brücke besteht aus mehreren Faltelementen aus Stahl. Mit Drahtseilen ist das Bauwerk am Ufer verankert. Zudem halten sechs Boote die Brücke mit Motorkraft gegen die Strömung in Position, wie der Kommandeur des Bundeswehr Landeskommandos Sachsen-Anhalt, Halvor Adrian sagte.

„Über die Brücke könnten 90-Tonnen-Panzer fahren - Zehntausende Fußgänger sind da kein Problem.“ Rund 100 Pioniere der Bundeswehr waren in der Nacht mit dem Aufbau beschäftigt. Das Technische Hilfwerk (THW) stellte an Land den Anschluss an die Brücke mit soliden Stegen und Übergängen her. Die Pontonbrücke soll bis 22 Uhr in Position bleiben.

Kaum Schatten auf Festgelände

Wegen der zu erwartenden Hitze mit Temperaturen von über 30 Grad haben die Veranstalter vorgesorgt: 320.000 Flaschen Wasser und 10.000 Tuben Sonnencreme stehen bereit. Auf dem gesamten rund 40 Hektar großen Festgelände gibt es kaum Schatten.

Tausende Menschen zog es bereits am Samstagabend auf die Wiese an der Elbe. Mit einer „Nacht der Lichter“ stimmten sich die Gläubigen auf das Finale des Kirchentags ein. Zahlreiche Kerzen wurden nach und nach entzündet und bildeten ein Lichtermeer, das sich von der Bühne bis zu einem großen Kreuz in der Mitte der Festwiese ausbreitete.

Abendandacht zur Einheit der Kirche

Gestaltet wurde die Abendandacht auch von Brüdern des internationalen, ökumenischen Männerordens im französischen Taizé. In ihren Gebeten sprachen sie sich für eine Einheit der Kirche aus. Sätze wie „Müssten getrennte Kirchen nicht den Mut haben, sich unter ein Dach zu begeben - sofort?“ wurden vom Publikum mit Beifall bedacht. Zahlreiche weitere Gebete und gemeinsam gesungene Lieder führten durch den Abend.

Nachtmeditation

ORF/Christoph Riedl Daser

Nachtmeditation mit den Brüdern von Taize

Die Predigt des Festgottesdienstes am Sonntag hält der südafrikanische Bischof Thabo Makgoba, der Erzbischof von Kapstadt ist. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht ein Grußwort. Nach dem Gottesdienst gibt es ein Picknick auf der Wiese und ein Abschlusskonzert, unter anderem mit dem Liedermacher Konstantin Wecker.

Der Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg umfasste insgesamt rund 2.500 Veranstaltungen.

religion.ORF.at/dpa

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