D: Kardinal sieht härtere Kritik an Kirche bei Missbrauch

Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller sieht die katholische Kirche im Fall von Kindesmissbrauch schärfer kritisiert als andere Institutionen.

„Es ist offensichtlich, dass die katholische Kirche bei dem Thema härter angegangen wird, dass Priester a priori verdächtigt werden“, sagte der 69-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Rom.

Kollektivverdächtigungen von Priestern

Das Interview wurde am 10. Juli geführt und damit noch vor der Veröffentlichung des Abschlussberichts über Misshandlungen bei den Regensburger Domspatzen. Auf die Anfrage nach einer Reaktion auf den Bericht, in dem er als ehemaliger Regensburger Bischof auch kritisiert wurde, reagierte Müller bis Mittwochmittag nicht.

Kardinal Ludwig Müller

APA/dpa/Armin Weigel

Kardinal Müller beklagt die Kollektivverdächtigung von Geistlichen

„Es gibt Geistliche - Gott sei es geklagt - die solche Verbrechen begangen haben“, sagte Müller. „Aber deshalb kann man nicht die anderen, nur weil sie auch Priester sind, kollektiv verdächtigen. Prozentual gesehen ist das mit Blick auf die Gesamtzahl der Geistlichen in der Welt sogar weniger als bei vergleichbaren pädagogischen Berufsgruppen - was die Straftat natürlich in keinster Weise entschuldigt und das Leiden der Opfer mindert“, sagte er.

Vorwurf der Behinderung in Aufarbeitung

Müller stand fünf Jahre der Glaubenskongregation im Vatikan vor, die auch für die Aufklärung von Missbrauchsfällen zuständig ist. Papst Franziskus hatte Müllers Amtszeit Anfang Juli überraschend nicht verlängert.

Der ehemalige Regensburger Bischof wehrte sich gegen den Vorwurf, dass er bei der Glaubenskongregation die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen behindert hätte. „Die Kongregation hat trotz mancher Einmischungsversuche immer die Nulltoleranz-Linie vertreten.“

Gegenüber katholischen Geistlichen gebe es wegen des Zölibats große Vorurteile, so Müller. „Da wird gedacht, wenn jemand freiwillig enthaltsam lebt, muss er irgendwo seine Gefühle loswerden. Selbst wenn das stimmen würde, würde ein normaler Mensch die Beziehung zu einer Frau suchen und nicht zu einem Kind.“

religion.ORF.at/dpa

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