Domspatzen: Regensburger Bischof bittet um Verzeihen

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sich in einem Hirtenwort zum Abschlussbericht über die Übergriffe bei den Domspatzen geäußert.

Zu den Schilderungen der Opfer schreibt er: „All das macht mich zutiefst zerknirscht und erfüllt mich mit Scham.“ Hier gelte, was bereits sein Vorgänger im Amt, der heutige Kardinal Gerhard Ludwig Müller, 2010 in einem Hirtenwort geschrieben habe. „Den Opfern dieser Zeit, aber auch allen, die sich heute erst melden, gilt unser tiefes Mitgefühl. Ihrer Ehre und Würde schulden wir, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.“

Hirtenwort wird an diesem Wochenende verlesen

Voderholzer führt weiter aus, dass wer die Schilderungen der Betroffenen lese, nur „Entsetzen und Betroffenheit“ spüren könne. Er könne deshalb nur in Demut um Entschuldigung bitten. Die Taten wiegen seinen Worten nach umso schwerer, „als diese Kinder in gutem Glauben Priestern und kirchlichen Angestellten anvertraut wurden, die im Auftrag Christi, des Guten Hirten, den Zehn Geboten und dem Gebot der Nächstenliebe verpflichtet waren.“ Sein Hirtenwort wird an diesem Wochenende in den Pfarrgemeinden der Diözese verlesen.

Gymnasium und Internat der Regensburger Domspatzen in Regensburg

APA/dpa/Armin Weigel

Der Regensburger Bischof führt in seinem Hirtenwort aus, dass alle Kinder im guten Glauben den Domspatzen anvertraut worden seien

Insgesamt 547 Regensburger Domspatzen wurden seit 1945 „mit hoher Plausibilität“ Opfer von Übergriffen, 67 Domspatzen sexuell missbraucht - das geht aus dem nach zwei Jahren Aufklärung veröffentlichten Abschlussbericht des Regensburger Rechtsanwalts Ulrich Weber hervor. Einschließlich der Dunkelziffer könnte die Gesamtzahl der Opfer demnach bei etwa 700 liegen. Als Täter ermittelte der vom Bistum Regensburg beauftragte unabhängige Sonderermittler 49 Menschen.

Betroffen sind dem Bericht zufolge alle Institutionen des berühmten Chores, also Schulen, Internate und die Musikerziehung. Unter den Tätern seien Internatsdirektoren, ein Vorschuldirektor, Präfekten und viele Angestellte, heißt es. Schwerpunktmäßig hätten sich die Taten in den 1960er und 1970er Jahren ereignet. Allerdings sei bis 1992 durchgängig von körperlicher Gewalt berichtet worden. Alle Übergriffe seien zu ihrer Zeit „mit wenigen Ausnahmen verboten und strafbar“ gewesen.

Dank an die Betroffenen für Aufklärung

Voderholzer dankte Weber für die Aufklärungsarbeit, „so schwer die Erkenntnisse für uns auch erst einmal zu verdauen sind“. Den wichtigsten Beitrag hätten die Betroffenen geleistet. Ihnen gelte sein aufrichtiger Dank, dass sie sich trotz des erlittenen Leids an die Beauftragten des Bistums und vor allem an Weber gewandt hätten, so der Bischof.

Bei den Gesprächen mit einzelnen Opfern sei ihm schnell deutlich geworden, dass ein gemeinsames Vorgehen mit den Betroffenen, ein Hinhören auf ihre Erwartungen und Nöte ebenso wichtig seien wie ein unabhängiger Blick auf die Strukturen und Zusammenhänge.

Der Bischof erneuerte seine Bitte, daran mitzuhelfen, dass alle, die in anderen kirchlichen Einrichtungen Opfer von Misshandlungen oder sexueller Gewalt geworden seien und sich bisher nicht gemeldet hätten, den Mut aufbringen mögen, „sich uns anzuvertrauen. Wir wollen, dass sie Anerkennung und Gerechtigkeit erfahren, und ihnen geholfen wird.“

Abschlussbericht eines unabhängigen Rechtsanwalts

Laut dem Abschlussbericht eines unabhängigen Rechtsanwalts wurden über die Jahrzehnte insgesamt 547 Kinder der Regensburger Domspatzen Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt.

Bei der Vorlage des Berichts warf der Anwalt auch Kardinal Gerhard Ludwig Müller Versäumnisse vor, weshalb der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs diesem eine „verschleppte Aufarbeitung“ vorhielt.

religion.ORF.at/KAP

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