Russland-Visite: Parolin trifft Patriarch Kyrill I.

Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin hat Patriarch Kyrill I. am Dienstag in Moskau getroffen. Er befindet sich seit Montag auf einer dreitägigen offiziellen Visite im Land. Ein Treffen mit Staatspräsident Wladimir Putin ist für Mittwoch in Sotschi geplant.

Er wurde am zweiten Tag seines Russland-Besuchs auch von Außenminister Sergej Lawrow empfangen. Die Haltungen des Vatikan und Russlands zur „friedlichen Beilegung“ von internationalen Konflikten und der „Abwehr von Terrorismus und Extremismus“ lägen nah beieinander, sagte Lawrow am Dienstag bei der Begrüßung des Chefdiplomaten des Papstes. Gemeinsamkeiten gebe es auch bei der Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs sowie der Stärkung der sozialen Gerechtigkeit und der Rolle der Familie.

Themen des Gesprächs waren laut Angaben Parolins u.a. die Situation in der Ukraine, im Nahen Osten sowie auch in Venezuela. „Ich bin gekommen, um die Sorge von Papst Franziskus über die Probleme auf internationaler Ebene zu übermitteln“, sagte die Nummer Zwei des Vatikans bei einer Pressekonferenz.

Russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. und der vatikanische Staatssekretär treffen sich in Moskau

APA/AFP/Kirill Kudryavtsev

Patriarch Kyrill I. (links) und Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin (rechts)

Papst-Treffen erörtert

Auch die Situation der Katholiken in Russland und die Möglichkeit einer weiteren Begegnung zwischen Papst Franziskus und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. - die erste hatte im Vorjahr auf Havanna stattgefunden - seien bei der Begegnung Thema gewesen, erklärte Parolin. „Wir Gläubigen glauben, dass Gott und der Heilige Geist uns bei den weiteren nötigen Schritten führen werden“, so der Kardinal-Staatssekretär mit Hinblick auf die Ökumene-Bemühungen.

Russland könnte nach Ansicht des Kardinal-Staatssekretärs mithelfen, die Krise in Venezuela zu überwinden: Dank seiner engen Verbindungen mit dem südamerikanischen Land „kann Russland zum Dialog beitragen“, sagte Parolin. Für den Vatikan sei der Dialog der einzig gangbare Weg aus der Krise.

Vermittlung in Venezuela

Außenminister Lawrow betonte, für den Dialog zwischen den zerstrittenen Gruppen in Venezuela sei die Hilfe „vieler externer Akteure“ nötig. Wichtig sei dabei, dass dabei nicht zur weiteren Konfrontation, sondern vielmehr zur Einheit und Kompromissbereitschaft aufgerufen werde. Russland habe die diesbezüglichen Initiativen des Vatikans von Beginn an voll und ganz unterstützt und tue dies weiterhin.

Seit Wochen gibt es in Venezuela Massenproteste gegen die sozialistische Regierung mit Dutzenden Toten. Seit Jahren regiert Präsident Nicolas Maduro mit Hilfe von Sonderdekreten und Ausnahmezustand am Parlament vorbei. Zudem fanden seitdem keine Regional- und Kommunalwahlen mehr statt, obwohl diese überfällig sind.

Dialog fortsetzen

Lawrow bezeichnete Parolins ersten Russland-Besuch als gute Gelegenheit, um den im Dezember 2016 gestarteten Dialog - die beiden Diplomaten waren einander damals im Vatikan begegnet - fortzusetzen. Mit dem zunehmenden Dialog zwischen dem Vatikan und Moskau sei er sehr zufrieden. Dieser Dialog finde auch auf höchster Ebene statt: Russlands Präsident Vladimir Putin sei bereits zweimal Papst Franziskus begegnet.

Am Montag hatte der Kardinal-Staatssekretär in Konzelebration mit den russischen katholischen Bischöfen die Heilige Messe in der Moskauer Marienkathedrale gefeiert; im Anschluss stellte er sich dem Gespräch mit den katholischen Gläubigen.

Suche nach friedlichen Lösungen

Im Gespräch mit der russischen Nachrichtenagentur „Ria Nowosti“ hatte Parolin vor dem Abflug nach Moskau betont, der Heilige Stuhl sehe als Zweck seiner Reise allgemein „die Suche nach friedlichen Lösungen für aktuelle Konflikte, hauptsächlich unter humanitären Aspekten“. Unter anderen werde man über Syrien, den Irak und die Ukraine sprechen.

Es sei ihm wichtig, mit allen Seiten und politischen Protagonisten zu sprechen, denn nur so könne überhaupt ein Dialog entstehen und Früchte tragen. Als erster Kardinal-Staatssekretär war 1988 Agostino Casaroli, der Architekt der vatikanischen Ostpolitik, aus Anlass der 1.000-Jahr-Feier der Taufe Russlands nach Moskau gereist. 1999 weihte der damalige Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano die katholische Marienkathedrale in Moskau neu.

Krisen besprechen

Er werde mit seinen russischen Dialogpartnern sowohl „Fragen von gemeinsamem Interesse“ als auch Krisen in verschiedenen Weltteilen besprechen, „Krisen, die sowohl weit entfernt als auch nahe sind“, hatte Parolin in einem Exklusivinterview mit der russischen Agentur TASS vor seiner Reise betont.

Die Begegnung mit Patriarch Kyrill bestätige die „Offenheit“, die in den vergangenen Jahren erzielt und durch das historische Treffen zwischen Papst und Patriarch in Havanna im Vorjahr zum Ausdruck gekommen sei. Papst Franziskus und Patriarch Kyrill hätten von der Annäherung als einem „gemeinsamen Weg“ gesprochen. Dieser Weg verlange „die Suche nach der Wahrheit, aber auch Liebe, Geduld, Ausdauer und Entschlossenheit“, so der Kardinal.

Havanna ein lange erwarteter Schritt

Die Begegnung in Havanna sei ein seit langem erwarteter erster Schritt gewesen, unterstrich der Kardinal-Staatssekretär. Das habe nicht nur die Kontakte zwischen Repräsentanten der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche verstärkt und mit konkretem Inhalt gefüllt, sondern auch beide Kirchen veranlasst, „in neuer Weise auf die Diskrepanzen der Vergangenheit und ihre Ursachen zu schauen“. Obwohl die negativen Auswirkungen der Differenzen noch immer fühlbar seien, habe das Havanna-Treffen geholfen, die angestrebte Einheit in den Blick zu nehmen, die vom Evangelium verlangt werde.

religion.ORF.at/KAP

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