NGOs fordern verbindliche Regeln für Konzerne

In einem Monat wird über ein verbindliches UNO-Abkommen zur Verantwortung von Konzernen in Genf verhandelt. Österreichische NGOs starten am Donnerstag eine Petition: Sie fordern Bundeskanzler und Außenminister zur aktiven Unterstützung des Vertrags auf.

Die Nichtregierungsorganisationen, darunter das zur evangelischen Diakonie gehörende Brot für die Welt und die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA), erinnerten in einer Aussendung: „Vor viereinhalb Jahren ist in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka das Gebäude von Rana Plaza wegen Sicherheitsmängeln eingestürzt und hat 1.134 NäherInnen unter sich begraben. Jahrelang mussten die verantwortlichen Unternehmen gesucht werden.“

Textilarbeiterinnen in einer Fabrik in der Provinz Bac Giang nahe Hanoi, Vietnam

Reuters/Kham

Textilarbeiterinnen in einer Fabrik in der Provinz Bac Giang nahe Hanoi, Vietnam

„Selbstverpflichtungen greifen nicht“

Erst nach internationalem Druck aus der Zivilgesellschaft gab es zwei Jahre später Entschädigungen für die Verletzten und die Angehörigen der Opfer. „Ob bei der Herstellung unserer Bekleidung, der industriellen Landwirtschaft oder dem Abbau von Rohstoffen: Die Aktivitäten transnationaler Konzerne führen immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden. Unverbindliche Selbstverpflichtungen der Unternehmen greifen nicht“, so Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion.

Verbindliches Abkommen erarbeiten

Der UNO-Menschenrechtsrat setzte daher im Juni 2014 eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel ein, ein verbindliches Abkommen zur Regulierung transnationaler Konzerne (Treaty on transnational corporations and other business, kurz: TNC-Treaty) zu erarbeiten. Marieta Kaufmann, Geschäftsführerin des Netzwerks Soziale Verantwortung, via Aussendung: „Es ist überfällig, endlich sicherzustellen, dass auch mächtige Wirtschaftsunternehmen die Menschenrechte respektieren sowie rechtliche Konsequenzen zu erwarten haben, wenn sie dies nicht tun.“

„Historische Chance“

Erst durch zivilgesellschaftlichen Druck aus ganz Europa seien Österreich und die EU im Vorjahr dazu gebracht worden, sich überhaupt am Erarbeitungsprozess zum TNC-Treaty zu beteiligen, beklagen die NGOs. „Dieses Abkommen bietet die historische Chance, endlich verbindliche Regeln für Konzerne zu erarbeiten und Instrumente zu schaffen, damit Menschen, die von den negativen Auswirkungen transnationaler Konzerne betroffen waren und sind, sich wehren können und ihre Menschenrechte einklagen können“, so Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Die Erarbeitung des TNC-Treaty wird von einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe von 23. bis 27. Oktober 2017 in Genf fortgesetzt. Dort sollen erste konkrete Elemente des Abkommens verhandelt werden.
Frankreich und Belgien hätten sich mittlerweile in ihren nationalen Aktionsplänen zu „Wirtschaft und Menschenrechten“ zur Mitarbeit in der UNO-Arbeitsgruppe und zur Unterstützung des UNO-Treatys bekannt, so die NGOs.

Österreich und EU „zurückhaltend“

Auch das EU-Parlament habe Beschlüsse zur Unterstützung gefasst. „Die EU im Gesamten und Österreich verhalten sich aber nach wie vor zurückhaltend. Und das, obwohl sich Österreich für einen Sitz im UNO-Menschenrechtsrat (2019 bis 2021) beworben hat und damit eine Vorbildfunktion übernehmen sollte“, so Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbands AG Globale Verantwortung.

Trauende Angehörige bei der zerstörten Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch

APA/AFP/Munir uz Zaman

Trauer bei Angehörigen auch Jahre nach dem Unglück in der Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch

„Österreich hat in seiner Bewerbung für den Menschenrechtsrat unter dem Motto ‚Building Bridges for Human Rights‘ die Menschenrechte als Kernanliegen der österreichischen Außenpolitik dargestellt – wir fordern Bundeskanzler Kern und Außenminister Kurz sowie die neue Bundesregierung auf, das auch durch eine klare Unterstützung des verbindlichen UNO-Vertrags für Konzerne zu beweisen“, forderte Stefan Grasgruber-Kerl von der Menschenrechtsorganisation Südwind.

Druck auf neue Bundesregierung

Melanie Oßberger von der Menschenrechtsorganisation FIAN Österreich ruft zur Unterstützung auf: Der TNC-Treaty könne „eine große rechtliche Lücke schließen“. Die Petition soll die neue österreichische Bundesregierung dazu auffordern, sich aktiv an den Verhandlungen über ein verbindliches UNO-Abkommen für Konzerne zu beteiligen und das auch ins neue Regierungsprogramm aufzunehmen.

Die Petition wird unterstützt von AG Globale Verantwortung, Attac Österreich, Brot für die Welt, Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA), FIAN Österreich, Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), ÖBV-Via Campesina Austria und Südwind.

religion.ORF.at

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