Dom Museum Wien: Kunst und Religion im Dialog

Am Samstag hat das Dom Museum Wien nach einem umfangreichen Umbau seine Pforten wieder für Besucher geöffnet. Dabei treffen in gelungener Weise historische Kunstwerke auf zeitgenössische Impulse.

Die Sammlungsbestände des Hauses neben dem Stephansdom beherbergen die mittelalterlichen Schätze (bis zurück ins 9. Jahrhundert) des Wiener Stephansdoms, Avantgarde-Klassiker aus der Sammlung Otto Mauer und zeitgenössische künstlerische Positionen. Wichtig ist Direktorin Johanna Schwanberg, gegenwärtige Kunst zu fördern und in Beziehung zur Geschichte zu stellen, wie sie bei der Präsentation zusammen mit Kardinal Christoph Schönborn und Architekt Boris Podrecca am Donnerstag ausführte.

Austausch auf mehreren Ebenen

Sie möchte Kunst nicht nur zeigen, sondern auch zu einem Austausch nützen - unter anderem auch zwischen den verschiedenen Religionen. So finden sich in einem Schaukasten Objekte der drei monotheistischen Religionen: Ein christliches Taufbecken aus dem 16. Jahrhundert, ein jüdischer Kidduschbecher (zentral zu Beginn des Schabbats und der jüdischen Feiertage) aus dem 17. Jahrhundert und eine Schüssel aus dem Iran, ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert. Zu sehen sind auch orientalische Objekte, die christlich „zweitverwendet“ wurden, so Schwanberg.

Jaume Plensa, Le Voleur de Mots IV, 2008
 "Bilder der Sprache und Sprache der Bilder", Dom Museum Wien

Lena Deinhardstein

Historische und zeitgenössische Objekte stehen in unmittelbarer Nähe. Jaume Plensas „Le Voleur de Mots IV“ aus dem Jahr 2008 vor religiösen Gefäßen aus dem 16. und 17. Jahrhundert

Hinweis

Das Dom Museum Wien öffnet am Samstag, 7. und Sonntag, 8.10.2017 bei freiem Eintritt. Im Rahmen der Langen Nacht der Museen ist das Museum am Samstag bis 1.00 Uhr Früh geöffnet.

Durch die räumliche Neugestaltung des bisherigen „Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseums“ durch Architekt Podrecca wird den Besuchern ein sehr unmittelbarer Zugang zu den Kunstwerken ermöglicht. Auch der Stephansdom scheint beim Blick aus den Fenstern zum Greifen nah.

650 Jahre altes Porträt

Ein besonderes Werk des Museums ist das Bildnis Rudolfs IV., das als eines der wichtigsten historischen Schätze Österreichs gilt, und das älteste Porträt des Abendlandes darstellt. Das 650 Jahre alte Bild zeigt den Habsburger Herrscher, der nicht nur die Universität Wien gründete, sondern auch den gotischen Ausbau des Stephansdoms veranlasste, wie Schwanberg erklärte.

Das Porträt Rudolf IV., um 1360
Leihgabe des Domkapitels St. Stephan an das Dom Museum Wien

Lena Deinhardstein, Lisa Rastl

Das Bildnis Rudolfs IV. gilt als das älteste Porträt des Abendlandes

Bemerkenswert an dem Bild sei, dass erstmals eine reale Person abgebildet wurde, fast frontal, mit leicht geöffnetem Mund, als spreche sie gerade. Schwanberg wies auch darauf hin, dass Rudolf sich in der Überschrift zu dem Bild als „Erzherzog von Österreich etc.“ bezeichnete, was nicht den Tatsachen entsprach. Ebenso erklärte Direktorin Schwanberg, dass er eine erfundene Krone trägt, was seine Machtansprüche erkennbar mache.

Verbindung zwischen Alt und Neu

Der zeitgenössische Umbau des denkmalgeschützten Erzbischöflichen Palais (aus dem 19. Jahrhundert) verbindet die Geschichte mit der Gegenwart. Neben der ständigen Sammlungspräsentation, in der die wichtigsten historischen Objekte aus Dom und Diözese zu sehen sein werden, sollen auch Werke gegenwärtiger Künstler in unmittelbarer Nähe zu historischer Kunst gezeigt werden, wie es in einer Presseinformation heißt.

Dom Museum Wien, Wendeltreppe mit Lift, 2017 von Architekt Boris Podrecca

Hertha Hurnaus, Dom Museum Wien

Ein gläserner Aufzug mit Wendeltreppe verbindet Erdgeschoß und ersten Stock

Geachtet wurde bei dem Umbau auch auf Nachhaltigkeit, die sich etwa in der Klimatisierung des Hauses zeige, so Schwanberg. Über einen gläsernen, runden Aufzug oder die sich um ihn windende Treppe gelangt man vom Eingangs- und Shopbereich in die Ausstellungsebene.

Thematisch geordnet

Die historischen Bestände wurden nach Themen, wie etwa „Leben“, „Schenken", Feiern“ und „Verehren“ geordnet. Gezeigt werden in diesem Rahmen unter anderem Pietas (z. B. die sogenannte Wopfinger Pieta aus dem 15. Jahrhundert), Monstranzen (z. B. eine Friedensmonstranz aus dem Jahr 1918) und Mariendarstellungen (z. B. die stillende Maria von Lucas Cranach dem Älteren).

Ausstellungsraum Dom Museum Wien

Hertha Hurnaus, Dom Museum Wien

Die historischen Bestände sind nach bestimmten Themen geordnet

Aus der Sammlung Otto Mauer (1907 bis 1973) sind unter anderem Werke von Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Bruno Gironcoli, Joseph Beuys, Gustav Klimt und Helga Philipp ausgestellt, dazu handschriftliche Notizen des katholischen Priesters und Mäzens über „Die Kunst und ihr Gegenstand“. Mauer gründete im Jahr 1954 die „Galerie nächst St. Stephan“, die sich zum Zentrum der österreichischen Kunst entwickelte. Seit 1981 wird jährlich der Otto-Mauer-Preis an junge bildende Künstler vergeben. Im neuen Dom Museum läuft auch ein Film über Monsignore Mauer.

Sendungshinweis

Johanna Schwanberg erzählte diese Woche in den Ö1-„Gedanken für den Tag“ über die Schätze des Museums. Nachzuhören hier.

„Offene Plattform“

Zwei Mal jährlich „wechselnde Ausstellungen zu gesellschaftlichen, interkulturellen und interreligiösen Fragestellungen sollen dazu beitragen, das Museum zu einer offenen Plattform zu machen, für alle Kulturen und Religionen, sowie zu einem Forum der Auseinandersetzung“, so die Presseinformation.

Ausstellungsansicht "Bilder der Sprache und Sprache der Bilder", Dom Museum Wien

Lena Deinhardstein

Die Themenausstellung wechselt alle sechs Monate. Aktuell geht es um „Bilder der Sprache und Sprache der Bilder“

Die erste Themenausstellung im Zuge der Neueröffnung des Dom Museum Wien unter dem Titel „Bilder der Sprache und Sprache der Bilder“ widmet sich der Beziehung zwischen Bild und Text. Es soll sichtbar werden, wie sich dieses Verhältnis im Lauf der Zeit verändert hat, so Schwanberg.

Barrierefrei und multimedial

Die Kunstvermittlung wird im Dom Museum multimedial angeboten: Führungen, Workshops, Gespräche mit Künstlern, Lesungen, Performances und über eine interaktive kostenlose App. Zudem wurde eine 600-seitige Publikation zu der Kunststätte herausgegeben und eine von mehreren Künstlern gestaltete literarische Auseinandersetzung mit dem Thema „Andacht“.

Das Dom Museum ist barrierefrei gestaltet und bietet auch eine Broschüre in einfacher Sprache an. Darin werden die Objekte der Dauerausstellung in einfachen Worten beschrieben und zusätzliche Erklärungen dazu gegeben. Ein Wörterbuch am Ende erklärt einige Begriffe, die nicht jedem geläufig sein dürften. Demnächst soll für sehbehinderte Menschen das Bildnis Rudolfs IV. als Relief zum Betasten zur Verfügung stehen.

Nina Goldmann, religion.ORF.at

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