Papst: „Hunger ist keine unheilbare Krankheit“

„Es ist klar, dass die Kriege und die klimatischen Veränderungen Hunger verursachen, vermeiden wir es also, ihn als eine unheilbare Krankheit darzustellen“, sagte Papst Franziskus anlässlich des Welternährungstags.

Der Papst besuchte am Montag die Welternährungsorganisation (Food and Agriculture Organisation FAO) an ihrem Sitz in Rom, wo er zum entschlossenen Handeln gegen Hunger und Klimawandel aufforderte. Franziskus drängte auch auf einen „Weltpakt für eine sichere, geregelte und geordnete Einwanderung“, an der die UNO bereits arbeite. Es gelte das Recht jedes Menschen zu garantieren, sich nach seinen Bedürfnissen zu ernähren, bekräftigte der Papst das Recht auf Nahrung für alle.

„Klimawandel und Armut verursachen Migration“

Nachdrücklich verwies der Papst auf die Folgen des Klimawandels. Wissenschaftliche Erkenntnisse über mögliche Gegenmaßnahmen stünden ebenso bereit wie die nötigen rechtlichen Instrumente. Dabei nannte Franziskus das Pariser Klimaabkommen. Von diesem würden sich jedoch „leider einige verabschieden“, fügte er hinzu. Konkrete Staaten wie etwa die USA, die jüngst ihren Ausstieg aus dem internationalen Klimavertrag eingereicht haben, nannte der Papst nicht.

Papst Franziskus vor dem Logo der Weltgesundheitsorganisation FAO

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Papst Franziskus verdeutlichte den Zusammenhang zwischen Armut, Klimawandel, Hunger und Migration

Ausdrücklich forderte Franziskus einen Wandel im Lebensstil sowie im Ressourcengebrauch, Produktion und Konsum. Die Frage der Ernährungssicherheit sei verknüpft mit der Migration. Nahrungsmittelspekulation sei mitverantwortlich für Konflikte und Lebensmittelverschwendung erhöhe „die Zahl der Letzten der Erde, die eine Zukunft fern ihrer Heimatländer suchen“, so der Papst.

„Pakt für geordnete Einwanderung“

Opfer von Unterernährung, Kriegen und Klimawandel sähen sich genötigt, ihr Land zu verlassen und seien „vielfachen und schrecklichen Formen der Ausbeutung“ ausgesetzt, erinnerte Franziskus, der auch eine „umfassende Verpflichtung zu einer schrittweisen und systematischen Abrüstung“ forderte. Konflikte seien ein Faktor für das Entstehen oder die Verlängerung von Notlagen und zerstörten das soziale Gefüge, sagte er zur Begründung.

Für den Schutz von Bedürftigen nahm er auch die Diplomatie in die Pflicht. Diese müsse die „Kunst des Möglichen“ sein und dürfe nicht darauf reduziert werden, Egoismus und Gleichgültigkeit zu rechtfertigen. In dem Zusammenhang bekannte Franziskus sich zu einem weltweiten Pakt für sichere, legale und geordnete Migration, der 2018 von den Vereinten Nationen verabschiedet werden soll.

Armut und Flucht durch Entwicklung verhindern

Menschen, die eine Hoffnung für ihr Leben suchten, ließen sich „von physischen, wirtschaftlichen, rechtlichen oder ideologischen Grenzen nicht aufhalten“, betonte der Papst. Dabei wandte er sich gegen Kürzungen öffentlicher Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und eine Einschränkung multilateraler Kooperationen. Kritisch blickte er auch auf bilaterale Bündnisse, die eine bloße Wahrung von Sonderinteressen zum Ziel hätten oder schlicht einer „momenthaften Beruhigung“.

Armut und Flucht ließen sich durch Entwicklung verhindern, unterstrich Franziskus. Prävention verursache weitaus weniger Kosten als die Folgen verunreinigter Erde oder kontaminierten Wassers. Weiter verlangte er Maßnahmen gegen eine „strukturelle Armut“. So sei es „nicht legitim, der Bevölkerung Kulturland zu entziehen“. Es dürfe keinen Landraub geben, schon gar nicht „mit der Komplizenschaft derer, die die Interessen des Volkes verteidigen sollten“.

„Humanitär“ ist gleich „Liebe“

Ausdrücklich warb der Papst auch dafür, „die Kategorie der Liebe in die Sprache der internationalen Zusammenarbeit einzuführen, gemeinsam mit Unentgeltlichkeit, Gleichbehandlung, Solidarität, Kultur des Gebens, Brüderlichkeit und Mitleid“.

Diese Worte drückten den praktischen Gehalt des Begriffs „humanitär“ aus, so Franziskus. Über ein Mitleid hinaus, das nur Notlagen lindere, sei Liebe für eine gerechte Sozialordnung unerlässlich. „Liebe bedeutet, die Menschheitsfamilie nicht weiterhin zu unterteilen in die, die im Überfluss schwelgen und denen, die nicht einmal das Nötigste haben“, sagte er.

Franziskus segnete Skulptur

Anlass für die Rede des Papstes war der Welternährungstag am Montag unter dem Thema „Die Zukunft der Migration ändern“. Der Papst traf unter anderem FAO-Generaldirektor Jose Graziano da Silva, mehrere Landwirtschaftsminister der G7-Staaten sowie den EU-Kommissar für Agrarwirtschaft, Phil Hogan.

Während seines Besuchs segnete der Papst im Atrium der FAO eine Skulptur des italienischen Künstlers Luigi Prevedel, die Franziskus der Welternährungsorganisation schenkte. Sie zeigt den ertrunkenen syrischen Flüchtlingsbuben Alan Kurdi, dessen Foto Ende 2015 zu einem Symbol des Flüchtlingsleids geworden war. Neben ihm kniet ein weinender Engel, der zärtlich die Hand auf den Rücken des toten Buben legt.

Zahl Hungernder steigt

Der diesjährige Welternährungstag findet nach Aussage der FAO in einer Zeit statt, da der Hunger erstmals seit Jahrzehnten wieder ansteigt. Neben weiterer Armut und extremen Wetterbedingungen, die bedingt seien durch den Klimawandel, sei Hunger ein wesentlicher Grund für die steigende Migration, so die FAO. Ende Juli hatte der Papst nach Angaben der FAO erstmals 25.000 Euro gespendet als „symbolischen Beitrag“ für den Kampf der Organisation gegen Hunger und Nahrungsmittelunsicherheit in Ostafrika.

religion.ORF.at/KAP/APA

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