Ägypten: Volle Kirchen zu Weihnachten erwartet

Trotz des jüngsten Terroranschlags auf eine koptische Kirche in Ägypten wird zum Weihnachtsfest am 6./7. Jänner ein erhöhter Zustrom von Gläubigen bei den Gottesdiensten erwartet, berichtet die katholische Nachrichtenagentur Fides laut der Stiftung Pro Oriente.

In vielen koptischen Gotteshäusern wurden Überwachungskameras und - in Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden - elektronische Zugangskontrollen installiert. Ein Höhepunkt der Weihnachtsfeiern in Ägypten wird die Liturgie in der Nacht vom 6. auf den 7. Jänner in der neuen koptischen Geburt Christi-Kathedrale sein. Diese befindet sich in der rund 45 Kilometer südöstlich von Kairo gelegenen und derzeit im Bau befindlichen neuen Verwaltungshauptstadt des Landes.

Präsident al-Sisi wird anwesend sein

Der koptisch-orthodoxe Papst-Patriarch Tawadros II. wird die Liturgie feiern, die Repräsentanten des ägyptischen Staates mit Präsident Abd-el-Fattah al-Sisi an der Spitze werden anwesend sein. Al-Sisi hatte im Vorjahr bei der Weihnachtsliturgie in der Markuskathedrale in Kairo die Weihe der neuen Kathedrale in der künftigen Verwaltungshauptstadt angekündigt. Der Bau der Geburt Christi-Kathedrale wurde von der ägyptischen Präsidentschaftskanzlei auch finanziell gefördert; Architekten und Ingenieure der Armee arbeiteten an der Errichtung des Gotteshauses mit.

Das architektonische Konzept der neuen Kathedrale zitiert die koptische Tradition der Arche Noah, die Kirche wird als „Barke des Heils“ gesehen, die durch die Fluten der Geschichte kreuzt und die Gläubigen zum Hafen des ewigen Lebens bringt. Das neue Gotteshaus gilt als größte christliche Kirche des ganzen Nahen Ostens.

Kopten als Zielscheibe

Nach dem Anschlag auf die Mar Menas-Kirche im rund 25 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Ort Helwan am 29. Dezember kam es in der Silvesternacht zu einem weiteren, wohl islamistischen Anschlag. Ein Maskierter fuhr in al-Omraneya am westlichen Stadtrand von Kairo auf einem Motorrad vor ein Geschäft, das einem koptischen Christen gehört und in dem Alkohol verkauft wird. Der Maskierte feuerte eine Maschinenpistolengarbe durch das Schaufenster ab. Dabei wurden zwei junge Kopten getötet, die mit dem Inhaber Neujahr gefeiert hatten.

Der Sprecher der katholischen Kirche Ägyptens, P. Rafic Greiche, sagte im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“, die Mordtat in al-Omraneya sei typisch für die in jüngster Zeit zunehmenden Anschläge von islamistischen Einzelgängern, die zwar keiner Organisation angehören, aber „gehirngewaschen“ sind und die Christen angreifen, weil sie sie „als Ungläubige“ betrachten. Leider müsse man jederzeit mit solchen Attacken rechnen. Das Ziel dieser Anschläge seien nicht nur die Christen als solche, sondern auch Präsident al-Sisi und seine Regierung, denen von den Fanatikern vorgeworfen werde, eine zu tolerante Politik gegenüber den Christen zu betreiben, ja sie zu bevorzugen.

Imam rief über Minarett-Lautsprecher zur Hilfe

„AsiaNews“ berichtet auch neue Details über den Anschlag am 29. Dezember, aus denen hervorgeht, dass Muslime sich für den Schutz der Christen eingesetzt haben. Nach Angaben des Pfarrers von Mar Menas, P. Andraos Azmi, hatten sich die Polizisten am Kircheneingang tatkräftig den beiden Terroristen entgegengesetzt, dabei wurde einer der Polizisten getötet. In der Zwischenzeit sei es gelungen, die Tore der Kirche zu verriegeln, sodass die Terroristen nicht eindringen konnten.

Die Terroristen hätten aber einige Gläubige am Eingang der Kirche niedergeschossen. Dass nicht mehr Opfer zu beklagen waren, sei einem 53-jährigen Bewohner des Bezirks zu verdanken, dem es gelang, einen der beiden Terroristen daran zu hindern, sein automatisches Gewehr wieder aufzuladen. Weil der Imam der gegenüberliegenden Moschee sofort über den Minarett-Lautsprecher zur Hilfe für die Christen aufgerufen hatte, hätten sich auch zahlreiche Passanten an der Verfolgung der Terroristen beteiligt.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Link: