Gutachten: Jehovas Zeugen zu Datenschutz verpflichtet

Jehovas Zeugen müssen sich nach Einschätzung eines wichtigen EuGH-Gutachters bei ihren Tür-zu-Tür-Besuchen an geltende Datenschutzbestimmungen halten. Die Entscheidung des EuGH steht allerdings noch bevor.

Ausnahmen wie es sie etwa bei der Datenerhebung zu ausschließlich persönlichen Zwecken gebe, könnten nicht gelten, erklärte der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Paolo Mengozzi, am Donnerstag in Luxemburg. Damit könnten Betroffene unter anderem die Speicherung ihrer Daten bei der Glaubensgemeinschaft von Jehovas Zeugen untersagen. Jehovas Zeugen ziehen von Tür zu Tür, um Gespräche über den Glauben zu führen.

Notizen von Hausbesuchen gespeichert

Konkret ging es hier um einen Fall in Finnland. Die dortigen Jehovas Zeugen machen sich bei ihren Besuchen Notizen zu Name, Anschrift und Datum des Besuchs, aber auch zu Inhalten der Gespräche, insbesondere über religiöse Überzeugungen und Familienverhältnisse. Der finnische Datenschutzbeauftragte ist der Meinung, dass dies europäischem Datenschutzrecht unterliege.

Der EuGH-Generalanwalt schloss sich der Ansicht an. Die Glaubensgemeinschaft der Jehovas Zeugen sei zudem für die von ihren Mitgliedern erhobenen Daten zuständig. Selbst dann, wenn die Notizen nicht zentral gesammelt würden. In der entsprechenden EU-Datenschutzrichtlinie ist unter anderem vorgesehen, dass Daten nicht länger als notwendig gespeichert werden dürfen. Betroffene müssen zudem ihre Einwilligung dafür geben.

In einer Reaktion weisen Jehovas Zeugen darauf hin, dass das Gutachten sich ausschließlich auf Finnland beziehe. In ihrer schriftlichen Stellungnahme erklärten Jehovas Zeugen, dass die Glaubensgemeinschaft, etwa in Deutschland und „anderswo in Europa“ seit langer Zeit in Einklang mit den „relevanten Datenschutzbestimmungen in Europa“ handle und verweist auf ihre Datenschutzrichtlinie.

„Nicht bindend“

Das Gutachten des Generalanwalts ist nicht bindend, in vielen Fällen halten sich die Richter des EuGH aber daran. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen. Die christliche Gemeinschaft wurde Ende des 19. Jahrhunderts in den USA gegründet und hat weltweit mehrere Millionen Mitglieder.

Sie glauben an einen bald bevorstehenden Welt-Untergang. Kritiker sehen in Jehovas Zeugen eine autoritäre Organisation, die blinden Gehorsam erwarte und ihre Mitglieder sozial isoliere. Seit 7. Mai 2009 sind Jehovas Zeugen in Österreich als Religionsgesellschaft staatlich anerkannt.

religion.ORF.at/dpa