D: Segnung homosexueller Paare in Einzelfällen möglich

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, sieht in Einzelfällen Spielraum bei der Segnung homosexueller Paare.

Neue Lebensumstände und neue Erkenntnisse stellten die Kirche vor Herausforderungen, sagte der Erzbischof von München und Freising am Samstag im „Interview der Woche“ des Bayerischen Rundfunks (BR).

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx

APA/AFP/Thomas Kienzle

Kardinal Reinhard Marx, sieht in Einzelfällen Spielraum bei der Segnung homosexueller Paare

Priester müssten die Situation der einzelnen Menschen ernst nehmen und sie seelsorglich begleiten. „Da muss man auch ermutigen dazu, dass die Priester und Seelsorger den Menschen in den konkreten Situationen auch einen Zuspruch geben.“

Kein generelles „Ja“ zur Segnung homosexueller Paare

Ein generelles „Ja“ zur Segnung homosexueller Paare sieht Marx allerdings nicht. „Es gibt Dinge, die lassen sich nicht regeln“, sagte er. Nur weil es keine Regelung gebe, heiße das nicht, dass in den Fällen seelsorglich nichts geschehe, sagte der Kardinal.

Das müsse man dem jeweiligen Seelsorger überlassen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode hatte zuletzt eine Diskussion innerhalb der katholischen Kirche darüber gefordert, ob Pfarrer künftig gleichgeschlechtliche Paare segnen sollten.

Marx begrüßt Diskussion um Vaterunser-Bitte

Im BR begrüßte Marx am Samstag weiters die aktuelle Diskussion um die Vaterunser-Bitte „Führe uns nicht in Versuchung“. Er bezeichnete es als „sehr gut, dass wir über eine zentrale Frage unseres christlichen Betens so ernsthaft reden“, sagte der DBK-Vorsitzende.

Das Vaterunser ist nach den Worten des Kardinals fester Bestandteil der christlichen Kultur. Doch Sprache und Verständnis änderten sich im Laufe der Zeit. Das sei die Sorge, die Papst Franziskus beschäftige: „Verstehen wir diese Bitte noch so, dass wir dadurch nicht den falschen Eindruck gewinnen, Gott selbst wäre böse und würde uns Menschen erproben und zum Spielball machen?“

In der betreffenden Bitte gehe es um die „Erfahrung der Fremdheit Gottes“, erläuterte Marx. Zwar gehöre „alles, was Menschen erleben“, zur umfassenden Wirklichkeit Gottes, auch „Stunden der Angst, der Dunkelheit und der Nacht“. Dennoch zweifelten die Menschen und hätten das Gefühl, Gott sei ihnen fern. Auch in einer solchen Situation der Angst dürften die Menschen zu Gott beten und etwa sagen: „Lass uns nicht hängen, wenn wir nur noch Finsternis sehen“, so der Kardinal.

Das Vaterunser gehe unter die Haut, „weil es elementare Nöte, Bedürfnisse und Hoffnungen der Menschen“ anspreche, betonte Marx. Dazu gehöre das Brot, „das wir zum Leben brauchen, die Schuld, für die wir Vergebung brauchen, und die Versuchung, weil wir um unsere Schwäche wissen und die Stunden der Verzweiflung kennen“.

Das alles müsse nicht ausgeblendet werden, denn es gehöre zum Leben in Freiheit dazu: „Denn nur weil wir frei sind, können wir auch in Versuchung geraten, können wir uns für und gegen das Gute und letztlich Gott selbst entscheiden.“ - In der Diskussion um die deutsche Übersetzung der Vaterunser-Bitte hatte sich die DBK Ende Jänner gegen eine Änderung ausgesprochen.

„Eine Demokratie braucht eine Regierung“

Ebenfalls im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte Kardinal Marx, er wünsche sich, dass Deutschland so schnell wie möglich eine neue Bundesregierung bekommt, denn eine Demokratie brauche eine Regierung. Der Grundgedanke einer Demokratie sei für ihn, dass alle eine Chance bekämen, erklärte der Kardinal.

Dazu gehörten auch jene, die neu in Deutschland seien. Arme und Schwache bräuchten Unterstützung, ebenso Langzeitarbeitslose und kinderreiche Familien. All dies sei auch mit dem Begriff „soziale Marktwirtschaft“ verbunden. Zwar könne die Politik nicht alle Probleme lösen, aber das Leitmotiv für eine neue Regierung könnte dennoch „Chancen für alle“ lauten.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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