Missbrauch: Vatikan erwägt dezentrale Sondergerichte

Der Vatikan erwägt, mit besonderen dezentralen Gerichten die zahlreichen in Rom anhängigen Prozesse wegen Missbrauchs Minderjähriger zu beschleunigen.

Von einer solchen Überlegung beim derzeitigen Treffen des neunköpfigen Kardinalsrates („K9“) berichtete am Dienstag das italienische Portal Vatican Insider. Es gehe dabei nur um eine Art organisatorischer Auslagerung, um regional und schneller arbeiten zu können. Die Zuständigkeit der Glaubenskongregation sowie ihrer Kommission für die Untersuchung schwerer Vergehen durch Geistliche solle dadurch nicht geschmälert werden.

Zuständige Kongregation überlastet

Die Kongregation unter der Leitung ihres Präfekten Erzbischof Luis Francisco Ladaria sei mit der Zahl von rund 1.800 Fällen, die dort anhängig seien und untersucht werden müssten, überlastet, hieß es. Zudem könnten regionale Spezialgerichte der Kongregation besser mit den unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Gegebenheiten vor Ort umgehen, so Vatican Insider. Voraussetzung sei aber, dass der „K9“-Rat diese Reform dem Papst tatsächlich vorschlage und Franziskus sie anordne.

Zahl der Fälle steigt

Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hatte gegen Ende seiner Amtszeit die Untersuchung von Missbrauchsfällen an Minderjährigen durch Kleriker in die Zuständigkeit der Glaubenskongregation gelegt. Die Zahl der zu behandelnden Fälle stieg rapide an, seitdem bekannt wurde, welches Ausmaß der Missbrauch Minderjähriger in der Kirche hat.

Als vor knapp einem Jahr das damalige Mitglied der Kinderschutzkommission Marie Collins ihre Arbeit dort niederlegte, begründete sie das auch mit schleppender und mangelnder Zusammenarbeit seitens der Kongregation.

Der Kardinalsrat berät den Papst bei innerkirchlichen Reformprojekten. Der Kampf gegen Missbrauch bleibe dabei vorrangig, sagte vergangene Woche der Sekretär des „K9“-Rates, Bischof Marcello Semeraro. Mitte Februar nahm die päpstliche Kinderschutzkommission ihre Arbeit in veränderter Zusammensetzung wieder auf.

religion.ORF.at/KAP

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