Missbrauch: Bistum Regensburg sucht Betroffene

Nach einem Fernsehbericht über Missbrauchsfälle unter ehemaligen Schülern der Regensburger Domspatzen, übt ein Opfervertreter Kritik an dem TV-Bericht. Das Bistum sucht indes Kontakt zu möglichen Opfern.

Betroffene könnten sich an das Bistum Regensburg wenden, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung. Den Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ habe man „mit Erschütterung und Bedauern“ gesehen. Bislang öffentlich bekannt waren Fälle, in denen Priester und Erzieher der Domspatzen-Einrichtungen Gewalt und sexuellen Missbrauch an ihren minderjährigen Schützlingen verübt hatten. Dem Beitrag zufolge haben sich aber auch ältere Schüler an jüngeren Schülern vergriffen.

So wurde im Dezember 2016 vor dem Landgericht Regensburg ein heute 33 Jahre alter Mann zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt: Im Alter von 18 Jahren hatte er Kontakt zu zwei jüngeren Mitschülern des Domspatzen-Gymnasiums gesucht und sie danach missbraucht. Eines der Opfer hatte sich Anfang 2010 an das Bistum gewandt - dadurch kamen die Ermittlungen in Gang. Der Angeklagte räumte die Taten vor Gericht ein, wie Gerichtssprecher Thomas Polnik der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Keine weiteren Ermittlungen

„Täter und Opfer haben sich allerdings nur am Domspatzen-Gymnasium kennengelernt, die Missbrauchsfälle haben jedoch nicht an der Schule sondern ausschließlich im privaten Umfeld stattgefunden“, betonte Polnik.

In die Strafe des Krankenpflegers sei außerdem ein Körperverletzungsdelikt eingeflossen, das der Mann an einer seiner Patientinnen begangen habe. Der Angeklagte habe an beide Missbrauchsopfer Schmerzensgeld bezahlt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg erklärte, es werde derzeit in keinem weiteren Fall gegen ehemalige Schüler der Domspatzen ermittelt.

Kritik am TV-Bericht

Peter Schmitt, Mitglied des Aufarbeitungsgremiums für Missbrauchsfälle aus den Jahren 1945 bis 1992 bei den Regensburger Domspatzen, übte gegenüber dem „Bayerischen Rundfunk“ am Mittwoch Kritik am Bericht des ARD-Magazins. „Bezüglich sexuellen Missbrauchs unter Schülern werde zwar aus dem Abschlussbericht zitiert, jedoch werde der Hinweis, dass sich eine sozialwissenschaftliche Studie auch mit dieser Thematik beschäftigt, komplett ignoriert“, sagte Schmitt, der selbst Domspatz war und massive körperliche Gewalt erlebt hatte. Zudem stütze sich der TV-Bericht auf zwei Fälle, was die Schlussfolgerung auf ein vorhandenes System in keinster Weise rechtfertige.

Im vergangenen Jahr hatte das Bistum einen Abschlussbericht vorgelegt, in dem der Missbrauchsskandal bei dem weltberühmten Chor aufgearbeitet wurde. Demnach wurden zwischen 1945 und Anfang der 1990er Jahre mindestens 547 Chorsänger Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt. Bei den Domspatzen gibt es seit einigen Jahren einen Arbeitskreis Prävention, in dem Schüler, Eltern und Lehrer für das Thema sensibilisiert werden. Zudem ist ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis für alle Mitarbeiter sowie eine Fortbildung zur Prävention sexualisierter Gewalt verpflichtend.

religion.ORF.at/dpa

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