Missbrauch: Australischer Erzbischof verurteilt

Ein australisches Gericht hat den Erzbischof von Adelaide wegen der Vertuschung des sexuellen Missbrauchs eines Kindes durch einen Priester in den 1970er Jahren schuldig gesprochen.

Das Gericht in Newcastle im australischen Bundesstaat New South Wales sah es am Dienstag als erwiesen an, dass der heute 67-jährige Philip Wilson von den Vergehen des mittlerweile verstorbenen Priesters Jim Fletcher gewusst hatte. Dennoch habe Wilson die Fälle nicht angezeigt. Das Strafmaß soll am 19. Juni verkündet werden, wie die Richter in Wilsons früherer Diözese Newcastle am Dienstag ankündigten. Bis dahin bleibt Wilson gegen Kaution auf freiem Fuß.

Dass Fletcher den damaligen Ministranten Peter Creigh sexuell missbraucht hat, wurde in dem Prozess nicht infrage gestellt. Creigh habe Wilson im Jahr 1976 allerdings von dem Vorfall erzählt - ein Gespräch, das der heutige Erzbischof nach Auffassung des Gerichts nicht vergessen konnte, wie der australische Fernsehsender ABC berichtete.

Erzbischof Philip Wilson

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Erzbischof Philip Wilson

Das Urteil von Richter Robert Stone wurde laut Medienberichten vom Publikum im voll besetzten Gerichtssaal mit Tränen der Erleichterung aufgenommen. Ein Missbrauchsopfer sprach von einem „der wichtigsten Tage für das Strafrecht in der Geschichte Australiens“. Das Urteil mache „den Weg für die Gerichte zur Strafverfolgung weiterer Menschen frei, die sich um den Ruf ihrer Institution gesorgt und die Kinder buchstäblich den Wölfen überlassen haben“, sagte Peter Gogarty.

Ranghohe Geistliche vor Gericht

Der Erzbischof wies die Anschuldigungen zurück. Seine Anwälte hatten versucht, den Prozess mit Verweis auf Wilsons Alzheimer-Erkrankung beenden zu lassen. Die Anwälte hatten laut australischen Medien außerdem unter anderem in ihrer Verteidigung geltend gemacht, damals sei Missbrauch noch nicht als anzeigewürdiges schweres Verbrechen angesehen worden. Wilson zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des Gerichts. Er werde sich nun mit seinen Anwälten über die weiteren Schritte beraten, teilte er mit.

Wilson ist einer der ranghöchsten katholischen Geistlichen, die in Zusammenhang mit Kindesmissbrauch bisher verurteilt wurden. Bereits vor drei Wochen hatte ein Gericht in Melbourne entschieden, Vatikan-Finanzchef George Pell wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs den Prozess zu machen.

Kirchliches Verfahren möglich

Ob Wilson nach dem weltlichen Verfahren auch ein kirchliches bekommt, ist Ermessenssache des Papstes. Grundsätzlich sieht das Kirchenrecht vor, Taten nicht zweimal zu bestrafen, sagte Andreas Graßmann vom Arbeitsbereich Kirchenrecht der Universität Salzburg im Gespräch mit religion.ORF.at. Da Papst Franziskus in Missbrauchsfällen einen Nulltoleranzkurs fahre, sei jedoch davon auszugehen, dass der Fall in Rom vor ein internes Gericht kommt.

Denn erst im Jahr 2016 habe der Papst ein eigenes kirchliches Gesetz erlassen, das konkret die Möglichkeit der Absetzung von Bischöfen in Fällen der Vertuschung sexuellen Missbrauchs regelt, so Graßmann. Wilson könnte in der Folge als Erzbischof abgesetzt werden. Etwaige kirchenrechtliche Verurteilungen in diesen Angelegenheiten werden vom Papst persönlich unterzeichnet.

religion.ORF.at/AFP/KAP/KNA

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