Piusbrüder wählen ihren Generaloberen

Die von Rom getrennten lefebvreanischen Piusbrüder kommen am Mittwoch in Econe (Schweiz) zu ihrem Generalkapitel zusammen. Bei dem elftägigen Treffen, das nur alle zwölf Jahre stattfindet, wird der Generalobere für eine zwölfjährige Amtszeit gewählt.

Auch dessen beide Assistenten werden bestimmt. Bernard Fellay (60) leitet die umstrittene traditionalistische Priesterbruderschaft seit fast einem Vierteljahrhundert im Bischofsrang.

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X./FSSPX) wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt viele Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Seit 1988 ist sie von Rom getrennt.

Priesterweihe und Exkommunikation

Geboren am 12. April 1958 in Sierre in der französischen Schweiz, trat Fellay 1977 mit 19 Jahren ins Traditionalisten-Seminar Sankt Pius X. in Econe ein. 24-jährig wurde er vom Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, zum Priester geweiht.

Durch die Bischofsweihe im Juni 1988 durch Lefebvre zog sich Fellay wie seine drei Weihekollegen die Exkommunikation, also den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, zu. Seit seiner Priesterweihe für wirtschaftliche Belange der Gemeinschaft zuständig, wurde er 1994 mit nur 36 Jahren zum Generaloberen der Piusbrüder gewählt.

Bernard Fellay mit roten Handschuhen

Reuters/Denis Balibouse

Bernard Fellay leitet die Priesterbruderschaft seit fast einem Vierteljahrhundert

Kein Durchbruch im Dialog mit Vatikan

Papst Benedikt XVI. empfing Fellay im August 2005, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, zu Gesprächen in Castelgandolfo. In der Aussöhnung mit dem Vatikan zeigte sich Fellay teils vermittelnd, teils kompromisslos.

In den theologischen Gesprächen mit der vatikanischen Glaubenskongregation seit Sommer 2010 war er Wortführer der Piusbruderschaft, ohne jedoch immer vollen Rückhalt bei den Hardlinern in den eigenen Reihen zu finden. Auch in der Amtszeit von Papst Franziskus seit 2013 steht ein Durchbruch der Gespräche weiter aus.

Annährung und tiefe Gräben

Aus Sicht der Piusbruderschaft ist die Bilanz von Bernard Fellay positiv: Auf mehr als 600 Priester und über 200 Seminaristen weltweit ist die Zahl der aktiven und der angehenden Priester unter seiner Leitung gestiegen. Benedikt XVI. kam ihm am weitesten entgegen: 2007 ließ er die alte, tridentinische Messe auf Latein wieder weltweit zu, 2009 hob er die Kirchenstrafe der Exkommunikation auf Bitten Fellays auf.

Papst Franziskus hat die Grenze weiter aufgeweicht, indem er den Priestern der Bruderschaft zugestand, das Beichtsakrament zu spenden und bei katholischen Trauungen zu assistieren. Gleichzeitig hat sich aber auf dogmatischem und moraltheologischen Gebiet der Graben weiter vertieft. Römische Impulse mit einer möglichen Kommunion für geschiedene Katholiken in zweiter Ehe oder, wie jüngst in Deutschland vorgeschlagen, für evangelische Ehepartner von Katholiken, zeigen aus Sicht Fellays und seiner Anhänger einmal mehr, auf welche „Irrwege“ sich die katholische Kirche mit ihrer Anpassung an die Moderne und ihrem „Neo-Protestantismus“ begeben hat.

Kritik an vermeintlicher „Irrlehre“ des Papstes

Nicht die Piusbruderschaft habe sich von der römischen Kirche entfernt, sondern vielmehr bewege sich Rom seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) immer weiter von ihrer eigenen jahrhundertealten Lehre und Tradition weg.

Aus diesem Grund unterzeichnete Fellay im September 2017 gemeinsam mit zahlreichen mehr oder weniger prominenten Theologen und Intellektuellen eine „correctio filialis“. In dieser öffentlichen Mahnung wird Papst Franziskus aufgerufen, mutmaßliche Irrlehren in Zusammenhang mit der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene zu widerrufen.

Anerkennung des Papstes bleibt

In seiner Begründung erklärte Fellay: „Mit jeder Faser unseres Seins sind wir Rom verbunden, der Mutter und Lehrmeisterin. Wir wären nicht mehr römisch, wenn wir ihre zweitausendjährige Lehre zurückweisen würden. Im Gegenteil. Dann würden auch wir zu Handlangern der Zerstörung, mit einer Situationsmoral, die sich in gefährlicher Weise auf eine aufgeweichte Theologie stützt.“

Trotz gravierender theologischer Meinungsverschiedenheiten hält Fellay an der Anerkennung des Papstes fest. Dessen Bild hängt auch in der Zentrale der Piusbruderschaft.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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