Kritik an Text von Benedikt XVI. über Juden

Der Salzburger Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff hat Kritik an einem von Benedikt XVI. verfassten Text über das Judentum geübt. Das Zweite Vatikanische Konzil werde relativiert und der Beitrag laufe Gefahr, „anschlussfähig für religiösen Antijudaismus“ zu sein.

Seine Kritik äußerte Hoff in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Text von Benedikt XVI. befasste sich mit dem Verhältnis von Judentum und Christentum und wurde in der Fachzeitschrift „Communio“ veröffentlicht.

Zweites Vatikanische Konzil „relativiert“

Benedikt habe mit seinem Text wieder für „schwere Irritationen“ gesorgt, denn „er relativiert das Zweite Vatikanische Konzil, das vor fünfzig Jahren Vertrauen zwischen katholischer Kirche und jüdischen Autoritäten schuf“, so der Theologe, der gleichzeitig im Vatikan als päpstlicher Konsultor für die Beziehungen zum Judentum tätig ist.

Benedikt Geburtstag

REUTERS/Alessandro Bianchi/File Photo

Der emeritierte Papst Benedikt XVI.

Übergang zu Antijudaismus fließend

Benedikt XVI. wolle zwar nach eigener Auskunft nicht hinter das Konzil zurück, merkte Hoff an und erinnerte an die Aussage des früheren Papstes: „Ein Antisemit ist auch ein Antichrist.“ Aber in der Sache wiederhole Benedikt XVI. nun die alte „Substitutionstheorie“, das Christentum habe das Judentum ersetzt. „Solche Theologie kann nach der Verfolgungsgeschichte der Juden durch die Christen nie unschuldig sein. Der Übergang zum Antijudaismus und zum Antisemitismus ist fließend. Deshalb ist Benedikts Aufsatz prekär“, kritisierte Hoff.

Die katholische Theologie wisse sich demgegenüber seit dem Konzil auf ihre jüdischen Wurzeln verpflichtet: „historisch im Sinne der Herkunft, theologisch im Bund mit den Juden, den Gott nicht aufhebt, wenn er sich in Christus offenbart. Gott ist treu, auch gegenüber Israel“, hielt Hoff fest. Diese Vorstellung habe sich seit Papst Johannes Paul II. zum Grundsatz entwickelt. Auch für Franziskus sei klar, dass „Gott weiterhin im Volk des alten Bundes wirkt“, zitierte der Theologe den amtierenden Papst.

Text löste Debatte aus

Der unter dem Titel „Gnade und Berufung ohne Reue“ im Juli erschienene Artikel von Benedikt XVI. hatte eine bewegte Debatte ausgelöst, bei der kritische Stimmen überwiegen. Konkret setzte sich der mit „Joseph Ratzinger - Benedikt XVI.“ signierte und auf den 26. Oktober 2017 datierten Beitrag mit den beiden theologischen Stichworten „Substitutionstheorie“ und „nie gekündigter Bund“ auseinander.

„Beide Thesen - dass Israel nicht durch die Kirche substituiert werde und dass der Bund nie gekündigt worden sei - sind im Grunde richtig, sind aber doch in vielem ungenau und müssen kritisch weiter bedacht werden“, schrieb Benedikt.

religion.ORF.at/KAP

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