Antijudaismusstreit: Theologe verteidigt Benedikt XVI.

Der deutsche Theologe Thomas Söding hat Benedikt XVI. gegen Vorwürfe des Antijudaismus verteidigt. Anlass für die Vorwürfe ist ein im Juli erschienener und umstrittener theologischer Fachaufsatz des emeritierten Papstes.

Der Text solle nicht als „Irritation, sondern als Inspiration des jüdisch-christlichen Gesprächs“ dienen, schreibt der Bochumer Neutestamentler in einem Beitrag für die August-Ausgabe der „Herder Korrespondenz“. Der Artikel diene vor allem der „innerkatholischen Verständigung“, es sei eindeutig, „dass Ratzinger ausschließlich Positionen in der eigenen Kirche reflektiert und im gesamten Text kein - wenn auch nur literarisches - Gespräch mit Juden führt“.

„Intention eindeutig“

Der emeritierte Papst habe mit seinem Beitrag theologische Aspekte verdeutlichen, versachlichen und vertiefen wollen, so Söding. „Die Intention dieser Differenzierung ist eindeutig. Sie soll den jüdisch-christlichen Dialog nicht konterkarieren, sondern zeigen, wie tief die Erneuerung in der Schrift und in der Tradition begründet ist, ohne dass jüdisch-christliche Unterschiede verwischt würden.“

Es gehe Joseph Ratzinger darum, „welche Sprache von christlicher Seite aus gewählt werden solle, um das Verhältnis zu den Juden zu beschreiben“. Ratzinger beziehe sich im Titel seines Aufsatzes auf das dem Römerbrief des Apostels Paulus entnommene Wort: „Reuelos (unwiderruflich) sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt“ (Röm 11,29). „Auf diesen Schluss hin ist der gesamte Artikel geschrieben worden, von ihm her soll er gelesen werden“, so der Neutestamentler.

Debatte in Fachkreisen

Söding ist Mitherausgeber der theologischen Fachzeitschrift „Communio“, in deren Juli-Ausgabe unter dem Namen „Joseph Ratzinger - Benedikt XVI.“ der Beitrag erschienen ist. Darin setzte sich der emeritierte Papst mit der Frage auseinander, ob die Kirche an die Stelle des alttestamentlichen Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel getreten sei. Die Äußerungen lösten eine Debatte in Fachkreisen aus.

Für den Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit war die Veröffentlichung „Anlass zu großer Sorge“. Der Berliner Rabbiner Walter Homolka sagte, Ratzinger baue mit „am Fundament für neuen Antisemitismus auf christlicher Grundlage“.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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