Chile: Archiv von Militärdiözese beschlagnahmt

In Chile hat die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Missbrauchsermittlungen bei der katholischen Kirche Unterlagen aus dem Archiv der Militärdiözese beschlagnahmt.

Zuvor hatten die Ermittler einen Hausdurchsuchungsbefehl beantragt, wie die Zeitung „La Tercera“ (Donnerstag-Ausgabe, Ortszeit) weiter berichtet. Seit 2015 bekleidet der aktuelle Vorsitzende der Chilenischen Bischofskonferenz, Santiago Silva Retamales (63), das Amt des Militärbischofs. An der Spitze der Militärdiözese folgte er auf den von 2004 bis 2015 amtierenden Bischof Juan Barros, dessen Rücktritt der Papst im Zuge der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in Chile vor wenigen Wochen angenommen hat.

Der chilenische Bischof Juan Barros

APA/AFP/Vincenzo Pinto

Der chilenische Bischof Juan Barros

Seit Monaten Schlagzeilen

Der Skandal sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Im Brennpunkt steht der inzwischen 88-jährige Priester Fernando Karadima, der 2011 wegen sexueller Vergehen verurteilt wurde. Aus seinem Kreis gingen mehrere Bischöfe hervor, darunter auch Juan Barros, der von Opfern Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigt wird. Papst Franziskus hatte zur Klärung der Vorwürfe einen Sondergesandten nach Chile geschickt und die gesamte nationale Bischofskonferenz in den Vatikan zitiert. Inzwischen nahm Franziskus neben dem Rücktritt von Barros, der zuletzt seit 2015 Diözesanbischof von Osorno war, vier weitere Amtsverzichte von Bischöfen an.

Zuletzt verständigten sich die chilenischen Bischöfe bei einer Sondervollversammlung vergangene Woche auf mehrere Punkte zum weiteren Vorgehen im Missbrauchsskandal. Dazu gehört die Verpflichtung für jeden Diözesanleiter, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten.

Ermittlungen künftig öffentlich gemacht

Die Ermittlungen zu sexuellen Vergehen sollen künftig öffentlich gemacht werden. Zudem vereinbarten die Bischöfe weitergehende Befugnisse für die nationale kirchliche Missbrauchskommission, für die sie auch eine neue Leiterin ernannten. Andere Beschlüsse betrafen eine Entschädigung der Opfer, persönlichen Kontakt mit Betroffenen sowie eine Einbindung von Laien in kirchliche Institutionen.

Der Anwalt von Santiagos Erzbischof Kardinal Ricardo Ezzati übte unterdessen Kritik an Staatspräsident Sebastian Pinera und an der Medienberichterstattung im Land. Pineras jüngste Kritik an Ezzati sei unvorsichtig gewesen, sagte der prominente Jurist Hugo Rivera. Die Medien hätten den Erzbischof bereits verurteilt, ehe die Untersuchungen richtig begonnen hätten. Er selbst sei von Ezzatis Unschuld überzeugt, so Rivera. Missbrauchsopfer werfen Kardinal Ezatti Vertuschung vor. Er wird Mitte August von der Staatsanwaltschaft befragt.

Vertuschungsverdacht auch in Peru

Aus Chiles Nachbarland Peru gibt es derweil Meldungen, wonach die Staatsanwaltschaft offenbar Vorermittlungen gegen den Erzbischof von Lima, Kardinal Juan Luis Cipriani, sowie drei weitere Personen prüft.

Peruanische Medien berichten von einem Anfangsverdacht versuchter Vertuschung im Missbrauchsfall rund um den Laienkatholiken und Gründer der konservativen geistlichen Gemeinschaft „Sodalitium Christianae Vitae“ Luis Fernando Figari. Unter anderem wolle die Behörde prüfen, wie Cipriani mit Vorwürfen von Missbrauchsopfern gegen Figari verfahren sei.

Missbrauchsfall rund um „Sodalicio“

Nach dem spanischen Namen auch kurz „Sodalicio“ genannt, wurde die „Vereinigung des christlichen Lebens“ 1971 in Peru als Gegenbewegung zur Theologie der Befreiung gegründet und gewann rasch an Einfluss in der Kirche. 1997 wurde das „Sodalicio“ unter Papst Johannes Paul II. (1978-2005) vom Vatikan anerkannt. Die Bewegung rekrutierte Mitglieder vor allem in der peruanischen Mittel- und Oberschicht. Sie stellt heute zwei Bischöfe, unterhält mehrere Schulen und eine Universität.

Papst Franziskus stellte die Laienorganisation kurz vor Beginn seines Besuch in Peru im Jänner 2018 unter kommissarische Leitung. In der Vatikanmitteilung hieß es damals, Franziskus verfolge seit Jahren mit Besorgnis Nachrichten der römischen Ordenskongregation über die Bewegung. Dies gelte besonders hinsichtlich der inneren Organisation, der Ausbildung und der Wirtschaftsführung. Hinzu kämen „schwerwiegende Maßnahmen der peruanischen Justiz“ gegen Gründer Figari.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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