Missbrauch: Ex-Vatikan-Diplomat fordert Papst-Rücktritt

Der Ex-Vatikan-Botschafter in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano (77), hat schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus erhoben und fordert seinen Rücktritt: Dieser habe vom Missbrauch eines US-Kardinals gewusst. Der Papst will sich dazu derzeit nicht äußern.

„Ich werde dazu kein Wort sagen“, sagte Franziskus am Sonntag vor Journalistinnen und Jornalisten auf dem Rückweg von einer Irland-Reise in den Vatikan. Die Rede ist von einem Schreiben des konservativen Erzbischofs Viganos, welches am Sonntagmorgen auf der traditionalistischen kanadischen Website LifeSiteNews sowie einigen anderen konservativen katholischen Medien veröffentlicht wurde.

Strafe rückgängig gemacht

Darin steht, der wegen Missbrauchsvorwürfen aus dem Kardinalsstand entlassene Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick sei bereits 2009 oder 2010 von Papst Benedikt XVI. mit einer Strafe belegt worden, die Papst Franziskus später de facto zurückgenommen habe.

In dem Schreiben heißt es weiter, Vigano habe bereits 2006 und 2008, von den USA aus, seine Oberen im Vatikan über die Vorwürfe gegen McCarrick wegen sexuellen Missbrauchs informiert, aber keine Reaktionen erhalten. Erst später habe er erfahren, dass Benedikt XVI. McCarrick aufgefordert habe, das Seminar zu verlassen, in dem er lebte, ihm verboten habe, öffentlich Messe zu feiern, Vorträge zu halten und Reisen zu unternehmen. Zudem solle er sich zu einem Leben in Gebet und Buße zurückziehen.

Erzbischof Carlo Maria Vigano, ehemaliger Vatikanbotschafter in den USA

APA/AFP/Getty Images/Chip Somodevilla

Erzbischof Carlo Maria Vigano

In dem Schreiben werden auch andere ranghohe frühere sowie aktuelle Kurienmitarbeiter beschuldigt, Aufarbeitung und Strafmaßnahmen hintertrieben zu haben. Die Echtheit des Schreibens von Vigano sowie der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe sind derzeit nicht erwiesen.

Keine Maßregelung durch Benedikt XVI. bekannt

Eine solche Maßregelung McCarricks durch Papst Benedikt XVI. (2015-2013) ist jedenfalls bisher nie öffentlich bekannt geworden. Auch hat McCarrick sich an solche Auflagen bisher nicht gehalten. Ähnliche Maßnahmen wie die erwähnten gegen den früheren Erzbischof von Washington (2000 bis 2006) sowie zusätzlich die Rücknahme des Kardinalstitels hatte Franziskus erst vor einigen Wochen verfügt.

Da waren die Vorwürfe, McCarrick habe in früheren Jahren zu jungen Seminaristen sexuelle Beziehungen unterhalten, breiter öffentlich bekannt geworden. Zusätzlich gab es den Vorwurf, McCarrick habe auch einen Minderjährigen missbraucht.

Papst: „Schreiben spricht für sich“

Das Schreiben, in dem Vigano auch die Abdankung des Papstes fordert, kommentierte der Papst am Sonntag mit den Worten: „Ich denke, das Schreiben spricht für sich.“ Er sagte, er habe Viganos Brief gelesen und forderte die Journalistinnen und Journalisten auf seinem Rückflug von Irland auf selbiges zu tun: „Lesen Sie den Brief aufmerksam und fällen Sie Ihr eigenes Urteil“, sagte der Papst. „Wenn etwas Zeit vergangen ist und Sie Ihre Schlüsse gezogen haben, werde ich mich vielleicht äußern“, so Franziskus.

Während seines Irland-Besuchs hatte der Papst um Vergebung für den dortigen sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche gebeten. Die Reise war von Beginn an überschattet von neuen Diskussionen um den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauch. Am Samstagvormittag hatte Franziskus die „Schande“ dieses „abscheulichen Verbrechens“ verurteilt und bekräftigt, er wolle alles tun, damit sich solches nicht wiederholt. Abends traf er sich eineinhalb Stunden lang mit acht Opfern von sexuellem Missbrauch sowie von Misshandlungen in kirchlichen Einrichtungen in Irland - mehr dazu in Missbrauchsopfer enttäuscht von Papstbesuch in Irland.

religion.ORF.at/KAP/APA/AFP

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