Papst: Psychiatrische Hilfe für homosexuelle Kinder

Papst Franziskus hat sich dafür ausgesprochen, homosexuelle Kinder und Jugendliche unter Umständen in psychiatrische Behandlung zu geben. Das könne in dem Alter noch viel bewirken. Eltern sollten ihre Kinder aber nicht verurteilen.

Stattdessen sollten sie beten, reden und sich bemühen, zu verstehen, und dem Kind „Platz geben, sich selbst auszudrücken“. Das Oberhaupt der katholischen Kirche äußerte diese Auffassung am Sonntag während einer Pressekonferenz im Flugzeug auf dem Rückweg von seinem zweitägigen Irland-Besuch nach Rom.

Ignorieren falsch

Auf die Frage eines Journalisten, was er Eltern eines möglicherweise homosexuellen Kindes sagen würde, antwortete Franziskus, er würde ihnen raten, „zu beten, nicht zu verurteilen, Gespräche zu führen, zu verstehen, dem Sohn oder der Tochter einen Platz zu geben“.

Papst Franziskus spricht im Flugzeug auf seinem Rückflug von Irland

APA/AFP/Pool/Gregorio Borgia

Papst Franziskus und Vatikan-Sprecher Greg Burke im Flugzeug auf dem Rückflug von Irland

„Es hat immer Menschen mit homosexuellen Neigungen gegeben“, sagte der Papst. Es könne notwendig sein, psychiatrische Hilfe zu suchen, falls ein Kind „besorgniserregende“ Verhaltensweisen zeige, aber bei Erwachsenen, die sich als homosexuell outen, sei es etwas anderes, so Papst Franziskus.

Gerade in der Kindheit könne die Psychiatrie viel erreichen, fügte der Papst hinzu. 20 Jahre später sehe es anders aus. „Ich würde nie sagen, dass Schweigen ein Gegenmittel ist. Seinen Sohn oder seine Tochter mit homosexuellen Tendenzen zu ignorieren, ist ein Mangel an Väterlichkeit oder Mütterlichkeit.“ Er sagte weiter: „Dieses Kind hat ein Recht auf eine Familie, und dass die Familie es nicht hinauswirft.“

Nach Auffassung mancher Soziologen gingen Zeitenwenden auch mit einem vermehrten Auftreten bestimmter „sozialer und ethischer Phänomene“ einher, zu denen auch Homosexualität gehöre, so Franziskus.

Wirbel rund um Begriff „Psychiatrie“

Der Passus mit dem Begriff „Psychiatrie“ fand sich laut der katholischen Agentur Kathpress am Montag nicht im offiziellen Vatikan-„Bollettino“. Manche Beobachter würden deshalb davon ausgehen, dass der Papst nach seinem anstrengenden Irland-Besuch müde gewesen sei und eigentlich den Begriff „Psychologie“ hätte verwenden wollen. Dieser fand sich allerdings auch nicht in der vom Vatikan veröffentlichten offiziellen wörtlichen Wiedergabe der „fliegenden Pressekonferenz“ des Papstes. Rund um das Wort „Psychiatrie“ gab es am Montag einige Aufregung.

Kritik von Homosexuellenverband

Der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat die Aussagen des Papstes scharf verurteilt. Sie seien „zutiefst besorgniserregend und falsch“, sagte Henny Engels vom LSVD-Bundesvorstand am Montag der Nachrichtenagentur AFP. „Äußerungen wie diese schüren Homosexuellenfeindlichkeit und geben menschenverachtenden Konversionstherapien Rückenwind. Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf folglich auch keiner Therapie.“

Diese „homosexuellenfeindliche Botschaft“ des Papstes sei eine „herbe Enttäuschung“, sagte Engels der AFP. 2013 habe der argentinische Papst noch dafür geworben, Lesben und Schwule nicht zu diskriminieren. Homosexuelle hätten wegen seines Satzes „wer bin ich, ihn zu verurteilen“ gehofft, auch in der katholischen Kirche Akzeptanz zu finden. „Diese Hoffnungen scheinen nun zunichtegemacht“, kritisierte Engels.

religion.ORF.at/APA/AFP/AP/KAP

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