Asyl: Breite kirchliche Front gegen Aus für Lehre

Kirchen und Hilfsorganisationen haben die Regierungspläne, den Zugang zur Lehre für Asylwerber abzuschaffen, kritisiert. Von einer „völligen Fehlentscheidung“ sprach Caritas-Präsident Michael Landau am Montag in einer Aussendung.

Das sei „in menschlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht“ eine Fehlentscheidung, so Landau. Zwar gelte: „Recht muss Recht bleiben. Das stimmt. Aber gutes Recht macht sinnvolle Dinge möglich, statt sie zu verhindern: Schon jetzt machen rund 900 junge Menschen im Asylverfahren in Österreich eine Lehre, für sie und alle anderen, die einen Beitrag leisten wollen, braucht es eine gute und sinnvolle Lösung“, schrieb der Caritas-Präsident.

Zeit „sinnvoll genützt“

Etwas lernen zu können und einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen, sei selbst dann wichtig, wenn Jugendliche nicht bleiben können. So werde die Zeit „sinnvoll genützt. Und der Hausverstand lehrt auch, dass man dann weniger leicht – ganz unabhängig von der Nationalität – auf dumme Ideen kommt.“

Caritas-Präsident Michael Landau

APA/Roland Schlager

Caritas-Präsident Michael Landau bittet um „eine gute und sinnvolle Lösung“

Erfahrungen aus Einrichtungen der Caritas würden zeigen: „Die jungen Menschen wollen lernen. Sie wollen und sollen einen Beitrag leisten. Es ist ein Gebot der Humanität und der wirtschaftlichen Klugheit, sie dabei zu unterstützen“, so Landau und weiter: „Völlig unverständlich ist, dass nun junge Asylwerberinnen mit all ihren Talenten, Interessen und Begabungen ihren Beitrag zur Gesellschaft nicht mehr leisten sollen. Hier werden Potenziale brach liegen gelassen und junge Menschen entmutigt. Wir können es uns als Gesellschaft gar nicht leisten, diese Menschen jetzt zum Nichtstun zu zwingen.“

Gegenmodell Deutschland

Als Gegenmodell führt Landau Deutschland an: Dort würden asylsuchende Lehrlinge eine Duldung für die Gesamtdauer der Lehre erhalten. „Das gibt ihnen und den Ausbildungsbetrieben Rechtssicherheit. Nach erfolgreichem Lehrabschluss wird bei anschließender Beschäftigung ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre erteilt. Wer nach der Ausbildung nicht im Ausbildungsbetrieb weiterbeschäftigt wird, bekommt zur Arbeitsplatzsuche eine weitere Duldung für sechs Monate, um eine Arbeitsstelle zu suchen.“

Landau weiter: „Ich appelliere an die österreichische Bundesregierung, jetzt keine überhasteten Entscheidungen zu treffen, sondern nach einer Nachdenkpause mit Unternehmen, Sozialpartnern und Lehrbetrieben doch noch zu einer sinnvollen und lebensnahen Regelung zu kommen.“

Lehre und Asyl

Die Absolvierung einer Lehre ist rechtlich kein Grund, Asyl oder subsidiären Schutz zu erhalten, weil es dabei auf eine im Herkunftsland bestehende Bedrohung ankommt.

Superintendent: Vernunft ausgestochen

Deutliche Kritik am Beschluss der Bundesregierung kommt auch vom Superintendenten der evangelischen Diözese Salzburg-Tirol, Olivier Dantine. Via Facebook schrieb Dantine am Sonntagabend: „Eine Ideologie, die Stimmung gegen Asylwerber macht, hat Menschlichkeit und Vernunft ausgestochen. Es geht offenbar nur noch darum, Integration zu verhindern.“

Olivier Dantine, evangelischer  Superintendent von Salzburg und Tirol

epdÖ/M. Uschmann

Olivier Dantine, evangelischer Superintendent von Salzburg und Tirol

Besonders bedenklich sei in der Diskussion „die Behauptung, mit der Erteilung von humanitärem Bleiberecht würde der Rechtsstaat umgangen. Diese Behauptung ist nicht nur falsch, sie ist gefährlich“, so Dantine. Diese Behauptung suggeriere, dass Personen, die in Berufung auf humanitäres Bleiberecht Menschlichkeit einforderten, gegen den Rechtsstaat handelten.

Wirtschaftliche Argumente ausgeblendet

Dantine führt zudem wirtschaftliche Argumente dafür an, jugendlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern eine Lehre zu ermöglichen. Diese würden von der Regierung jedoch ausgeblendet, so der Superintendent. In einem abschließenden Appell fordert Dantine „mehr Vernunft und Menschlichkeit und ein Ende des Zynismus gegenüber Asylwerbern“.

Die Bundesregierung hatte am Sonntag bekanntgegeben, die aktuelle Regelung, nach der jugendliche Asylwerberinnen und Asylwerber eine Lehre beginnen dürfen, aufzuheben. Kritik an dieser Praxis war aus weiten Teilen der Gesellschaft und Politik, unter anderem aus der ÖVP-geführten Wirtschaftskammer, gekommen.

religion.ORF.at/epdÖ

Mehr dazu:

Links: