Kardinal: Kirche braucht Stimmen der Missbrauchsopfer

Die Kirche müsse künftig besser auf die Stimmen der Opfer von Missbrauch hören. Das forderte Kurienkardinal Marc Ouellet bei der Vollversammlung des Rats der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) im polnischen Poznan (Posen).

Außerdem müsse mehr Sorgfalt bei der Auswahl von Bischöfen walten. Eine weitere Maßnahme, um Missbrauch in der Kirche einzudämmen, solle die stärkere Einbeziehung von Frauen bei der Eignungsprüfung von Priesterkandidaten sein.

Innerhalb der Kirche müsse mehr getan werden, um die Ursachen der Missbrauchsfälle anzugehen, die „die Institution erschüttern“, sagte der Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation. Die aktuelle Situation in der Kirche bezeichnete Ouellet als „Krise“.

Der kanadische Kardinal Marc Ouellet

APA/AFP/Gabriel Bouys

Der kanadische Kardinal Marc Quellet fordert mehr Sorgfalt bei der Auswhl von Bischöfen

Zuhören hätte Leid erspart

Die Kirche müsse künftig besser auf die Stimmen der Opfer von Missbrauch hören. Zu immer neuen Skandalen im Lauf der Jahrzehnte wäre es vielleicht nicht gekommen, wenn man die Opfer von Anfang an ernst genommen hätte, sagte der Kardinal.

„Die Betroffenen sollten ihren Standpunkt in aller Freiheit klar ausdrücken können. Wir brauchen diese Stimmen, damit die Probleme angegangen werden. Die Bischöfe sollten Menschen, die gelitten haben, nicht nur anhören, wenn sie ihnen einmal begegnen, sondern sie aktiv einladen. Denn wenn diese Menschen über das ihnen Widerfahrene nicht reden können, kann das ihr Leben zerstören.“

„Angerichtete Schäden enorm“

Die Kirche habe in den letzten Jahrzehnten viel gelernt über die Leiden und die Folgen von sexuellem Missbrauch, vor allem „wenn Kleriker die Täter waren“, beteuerte Kardinal Ouellet: „Die angerichteten Schäden sind enorm“, darum sei „viel Reparatur- und Versöhnungsarbeit“ zu leisten. „Dabei gibt es eine psychologische, aber auch eine geistliche Dimension - und eine Dimension des Versöhnens.“

Angriffe auf Papst „ungerecht“

Mit Blick auf die Diskussion um Papst Franziskus sprach Ouellet von „Rebellion“. „Das ist eine sehr ernste Sache, mit der es nicht nur politisch, sondern auch spirituell umzugehen gilt.“ Die Angriffe auf den Papst seien „ungerecht“.

Der Kanadier Ouellet ist seit 2010 Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, die unter anderem mit der Auswahl der Kandidaten für die Besetzung von Bischofsstühlen betraut ist. Zuvor war er acht Jahre lang Erzbischof von Quebec.

Scicluna: Wirklich Verantwortung übernehmen

Erzbischof Charles Scicluna aus Malta, der lange an der vatikanischen Glaubenskongregation mit dem Dossier Missbrauch zu tun hatte, sagte, dass „wir von den Worten zur Tat übergehen“ müssten; „Die Leute müssen sehen, dass wir nicht nur schöne Worte und Versprechungen machen, sondern wirklich Verantwortung übernehmen - zusammen mit allen in der Kirche.“

„Dass Papst Franziskus die Initiative ergreift und alle Vorsitzenden von Bischofskonferenzen im Februar nach Rom einlädt, um mit ihnen über die Prävention von sexuellem Missbrauch zu sprechen, ist ein sehr starkes Zeichen für die Verteidigung der Würde und des Schutzes von Minderjährigen in der Kirche. Diese Einladung sagt in wenigen Worten etwas Grundlegendes: dass nämlich die Prävention von Missbrauchsfällen und der Kinderschutz die ganze Kirche und alle in der Kirche etwas angehen“, so Scicluna laut „Vatican News“ (Dienstag).

Regelwerk für Bischofskonferenzen seit 2011

Der Erzbischof erinnerte, dass die Glaubenskongregation 2011 an alle Bischofskonferenzen der Welt einen Rundbrief geschrieben habe. Darin werde erklärt, wie auf die Fälle von sexuellem Missbrauch reagiert werden müsse: „Schon damals wurde angeordnet, dass alle Bischofskonferenzen ein Regelwerk für den Umgang mit solchen Fällen erstellen sollten. Ein großer Teil der Bischofskonferenzen ist darauf eingegangen, und diese Regelwerke wurden von der Glaubenskongregation approbiert.“

Aber Papier alleine reiche eben nicht, so Scicluna: „Man muss die ganze Gemeinschaft sensibilisieren, denn dieses traurige Phänomen kann nicht nur von der Hierarchie gelöst werden. Dazu müssen alle beitragen.“

Schon Johannes Paul II. 1992 habe in „Pastores Dabo Vobis“ gefordert, dass die Priesteramtskandidaten einem „psychologischen Screening“ unterzogen werden müsst. ob sie in affektiver Hinsicht reife Persönlichkeit seien, erinnerte der Erzbischof.

religion.ORF.at/KAP

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