Untergrundbischof sieht Vatikan-China-Deal positiv

Nach einigen kritischen Stimmen bewertet nun ein chinesischer Untergrundbischof das jüngste Abkommen zwischen dem Vatikan und China positiv. Die Uneinigkeit in der Kirche des Landes könne überwunden werden. Wei sieht aber auch eine neue Gefahr.

Durch das Abkommen könnten „sich viele bisherige Sorgen und Probleme bei der die Ernennung von Bischöfen erübrigen“, sagte Bischof Giuseppe Wei Jingyi dem italienischen Online-Portal „Vatican Insider“ am Dienstag. Gleichzeitig könnte die Einheit der Kirche aber durch eine andere Entwicklung in Gefahr geraten.

Zwar erkenne der Vatikan jetzt die bisher illegitimen, nur von der Regierung anerkannten Bischöfe als solche an. Sollten umgekehrt die Behörden nicht die bisherigen „Untergrundbischöfe“ anerkennen, könne dies unter Mitgliedern der Untergrundkirche negative Reaktionen hervorrufen. Diese könnte auch gegen den Papst verwendet werden, so Wei, Bischof von Qiqihar im Nordosten des Landes.

Peking soll Untergrundbischöfe anerkennen

„Mir persönlich bedeutet es nicht viel, ob die Regierung mich als Bischof anerkennt oder nicht“, so der 60-Jährige. Er hoffe aber, dass nach dem vorläufigen Abkommen der Dialog mit den Behörden vorangehe: „Es ist gut, wenn die Regierung nun auch den Prozess der Anerkennung der ‚geheimen‘ Bischöfe beschleunigt“.

Nach Angaben von „Vatican Insider“ ist Wei der erste sogenannte Untergrundbischof, der sich zu dem am 22. September unterzeichneten Abkommen zwischen Peking und dem Heiligen Stuhl äußert. Die bisherigen Informationen zu dem Abkommen, dessen genauer Inhalt noch unbekannt ist, sagen nichts über eine mögliche Anerkennung von Untergrundbischöfen.

Experte sieht historische Zugeständnisse Pekings

Nach Ansicht des italienischen China-Experten Francesco Sisci hat Chinas politische Führung mit dem „vorläufigen Abkommen“ über die Frage von Bischofsernennungen der katholischen Kirche ein historisches Zugeständnis gemacht.

Erstmals habe Peking „die religiöse Zuständigkeit des Papstes in China anerkannt“; dies hätten Chinas Kaiser früherer Zeiten nie getan. Insofern sei das am Samstag geschlossene Abkommen zwischen der Volksrepublik und dem Heiligen Stuhl „äußerst wichtig“, so Sisci in einem Gespräch mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur SIR.

Martyrium nicht missachtet

Es treffe nicht zu, dass die Vereinbarung die Kirche der politischen Macht ausliefere und das Martyrium vieler katholischer Gläubiger missachte, sagte der als regierungsfreundlich geltende Sinologe. Grundsätzlich könne das Abkommen eine größere religiöse Freiheit eröffnen. Allerdings gebe es nach wie vor viele Herausforderungen und Schwierigkeiten, da gelte es abzuwarten.

Unter dem Pontifikat von Franziskus habe Peking gemerkt, dass der Heilige Stuhl eine weltweit wichtige Soft-Power sei. Wenn also China seinen Einfluss in der Welt ausbauen wolle, könne es Rom nicht ignorieren, sagte Sisci.

Kritik aus Hongkonger Diözese

Ein Sprecher der Hongkonger Diözese zeigte sich am Samstag „sehr enttäuscht“ über das Abkommen. „Es wird nur schädlich sein und der Kirche in China und in der Welt nicht helfen“, sagte Porson Chan, Vorsitzender der Gerechtigkeits- und Friedenskommission des Bistums. Es mangle auch an Transparenz, die der Vatikan eigentlich zugesagt habe.

Die Kommission verwies auf die anhaltende Unterdrückung der Kirche in China und den zwangsweisen Abriss von Kirchen. „Es ist anzuzweifeln, ob China die Aufrichtigkeit besitzt, die Religionsfreiheit der chinesischen Kirche zu garantieren“, hieß es in einer Erklärung der Kommission.

Abkommen nach jahrelangen Verhandlungen

Laut päpstlichem Presseamt unterzeichneten ein Vertreter des vatikanischen Staatssekretariates und Chinas Vize-Außenminister Wang Chao das Abkommen nach jahrelangen Verhandlungen am Samstag in Peking. Franziskus anerkannte damit acht regierungstreue katholische Bischöfe, die davor ohne päpstliche Zustimmung geweiht worden waren. Damit stehen nun erstmals seit über 60 Jahren alle katholischen Bischöfe Chinas in Gemeinschaft mit Rom.

Die Ernennung katholischer Bischöfe war bisher ein entscheidendes Hindernis in der Annäherung zwischen Vatikan und China. Seit 1951 sind die offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Seiten unterbrochen. Vatikansprecher Greg Burke erklärte, Zweck des Abkommens sei kein politischer, sondern ein seelsorglicher: Katholische Gläubige sollten „Bischöfe haben, die in Gemeinschaft mit Rom stehen, aber zugleich von der chinesischen Regierung anerkannt sind“.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: