Erstmals Jugend im Mittelpunkt einer Bischofssynode

Eine Premiere gibt es in der katholischen Kirche: Erstmals stehen Jugendliche im Mittelpunkt einer Weltbischofssynode im Vatikan. Ausdrücklich geht es nicht nur um explizit katholische, sondern um „alle Jugendlichen, ohne Ausnahme“.

Nach den beiden vorherigen Bischofsversammlungen zu Ehe und Familie 2014/15 und zu Neuevangelisierung (2012) lautet das Thema von 3. bis 28. Oktober „Jugend, Glaube und Berufungsunterscheidung“, wie Kathpress berichtete. Im Zentrum der dreiwöchigen Beratungen steht die Lebenswelt von rund 1,8 Milliarden Menschen zwischen 16 bis 29 Jahren.

Schwerpunktmäßig geht es um Lebensentscheidungen junger Menschen sowie ihre Beziehung zu Glaube und Kirche. „Die Kirche möchte auf Eure Stimme hören, auf Eure Sensibilität, auf Euren Glauben, ja auch auf Eure Zweifel und Eure Kritik“, hatte sich Papst Franziskus im Zuge der Vorbereitungen an Jugendliche in aller Welt gewandt.

Breite Themen für Jugendliche

Für die Themen der Synode hat der Vatikan im vergangenen Juni ein umfassendes Arbeitspapier vorgelegt, das die Ergebnisse mehrere Umfragen und Vorbereitungstreffen bündelt - auch unter Beteiligung Jugendlicher. So nahmen mehr als 200.000 junge Menschen an einer im Voraus initiierten Onlineumfrage teil. Das in der Folge erstellte 214 Punkte umfassende Arbeitspapier („Instrumentum laboris“) soll eine möglichst breite Sicht auf die Lage der Jugend und ihre Glaubens- und Lebensentscheidungen bieten. Es dient als Beratungsgrundlage.

Jugendbischof Stephan Turnovszky

APA/kathbild/Rupprecht

Jugendbischof Stephan Turnovszky nimmt für Österreich an der Synode teil

Vorherrschend ist der Wunsch Jugendlicher nach einer „authentischen Kirche“. Dazu, dass sich viele junge Leute von der Kirche entfernen, heißt es im Arbeitsdokument selbstkritisch, das habe auch „ernsthafte und ernstzunehmende Gründe“. Angeführt werden auch „die Skandale sexueller und finanzieller Art“, deretwegen die Jugendlichen die Kirche nachdrücklich auffordern, „ihre Null-Toleranz-Haltung gegenüber ihren Institutionen zu verstärken“.

Im Interview mit religion.ORF.at hatte Turnovszky im August gesagt, für junge Menschen schienen ihm „zwei Themen ganz zentral“. Zum einen der Umgang mit wichtigen Lebensentscheidungen: „Wie treffen junge Leute Entscheidungen für ihr Leben, größere oder auch kleinere? Wer hilft ihnen dabei und wer behindert sie dabei?“ "Das andere große Thema ist die Balance zwischen der Annahme seiner selbst und Änderung seiner selbst und auch der Zustände in der Welt: Wirtschaft, gerechte Migration, Umweltschutz - mehr dazu in Jugendbischof: „Kinder schützen, nicht ausbeuten“.

Überschattet vom Missbrauchsskandal

Überschattet wird das Treffen vom Missbrauchsskandal in der Kirche und der damit einhergehenden Glaubwürdigkeitskrise. Zuletzt gab es sogar Forderungen nach einer Absage der Synode. Stattdessen soll ausdrücklich auch über diese Themen beraten werden; bei den Themenwünschen der jugendlichen Vorsynode vom März kamen sie ohnehin vor.

Darauf verwies zuletzt im Interview mit österreichischen Kirchenzeitung auch der heimische Jugendbischof Turnovszky, der an der Synode teilnimmt. Eine Absage „wäre kein gutes Signal an die Jugend der Welt“, meinte er: „Die jungen Menschen wollen ohnehin Themen wie Transparenz in der Kirche diskutieren. Wenn man sich von aktuellen Ereignissen vom Thema abbringen lässt, wäre wohl nie Zeit, über die Jugend zu sprechen“, so Turnovszky.

Mitsprache von Gläubigen gestärkt

Mitte September folgte noch eine neue Synodenordnung, die Apostolische Konstitution „Episcopalis communio“. Mit dem Dekret stärkt Franziskus in Vor- und Nachbereitung vor allem die Mitsprache der Gläubigen. Die Ordnung schreibt viel von dem fest, was bei den Vorbereitungen von Familien- und Jugendsynode de facto schon gemacht worden ist.

Bischofssynode im Vatikan

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Die 15. ordentliche Bischofssynode findet von 3. bis 28. Oktober im Vatikan statt.

Die katholische Bischofssynode soll die Weltkirche repräsentieren und die Kollegialität von Papst und Bischöfen unterstreichen. Als ständige Einrichtung wurde sie 1965 von Papst Paul VI. (1963-1978) auf Anregung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) geschaffen. Sie hat keine Entscheidungsbefugnis, sondern nur beratende Funktion. Einberufen wird sie vom Papst.

Dieser nimmt in der Regel auch persönlich an den Sitzungen teil. In den vergangenen Jahrzehnten gaben Bischofssynoden wichtige Impulse für die Weltkirche, etwa die Anregung zum Katechismus der Katholischen Kirche. Es gibt drei Arten von Synodenversammlungen: die ordentlichen und die außerordentlichen Generalversammlungen der Bischofssynode sowie Sondersynoden.

Ordentliche und außerordentliche Bischofssynoden

Die nun anstehende Jugendsynode ist die 15. der ordentlichen Generalversammlungen der Bischofssynode. Sie finden üblicherweise alle drei bis vier Jahre statt. Seltener sind außerordentliche Synoden. Die erste von Papst Franziskus einberufene Bischofsversammlung zu Fragen von Ehe und Familie im Oktober 2014 war erst das dritte Treffen dieser Art. 1969 gab es eine außerordentliche Synode zur Zusammenarbeit zwischen Vatikan und Bischofskonferenzen, 1985 eine Versammlung, bei der der Rückblick auf das Zweite Vaticanum im Fokus stand.

Bischofssynode zu Europa 1999

APA/KNA/Radtke

1999 tagte unter Papst Johannes Paul II. eine Synode zu „Europa“.

Daneben gibt es Spezialversammlungen, die einzelne Weltregionen betreffen. Die für Oktober 2019 vom Papst bereits einberufene Amazonien-Synode wird die elfte dieser Sonderversammlungen sein. Zuletzt nahmen Bischöfe bei dieser Form der Synode 2009 Afrika und 2010 den Nahen Osten in den Blick.

Nicht alle Bischöfe dabei

Im Unterschied zu einem Konzil nehmen an einer Bischofssynode nicht alle rund 5.000 Bischöfe der Weltkirche teil. Die nationalen beziehungsweise regionalen Bischofskonferenzen entsenden jeweils Delegierte. Ihre Zahl richtet sich nach der Größe der Ortskirchen.

Bei der „Jugendsynode“ stellen die Delegierten aus den weltweiten Bischofskonferenzen zusammen mit den Teilnehmern der römischen Kurie rund 260 Bischöfe. Aus Österreich nimmt Jugendbischof Stephan Turnovzsky teil. Zusätzlich berief der Papst Kardinal Christoph Schönborn. Der Wiener Erzbischof gehört seit einigen Jahren dem zwölfköpfigen begleitenden Rat des Generalsekretariats der Bischofssynode an, das als zuständige Kurieneinrichtung die Weltbischofssynoden vorbereitet.

Ergebnisse werden in Schreiben zusammengefasst

Neben den Bischöfen finden sich auf der Teilnehmerliste zehn Ordensleute aus der „Union der Generaloberen“, sechs Vertreter der Ökumene sowie rund 30 weitere vom Papst zusätzlich benannte Geistliche, Theologen und andere Experten. Außerdem wurden 50 großteils junge sogenannte „Auditores“ eingeladen, die an den Beratungen mitwirken, aber kein Stimmrecht haben. Zusammen sind das rund 360 Synodenteilnehmer und -Teilnehmerinnen, die noch durch knapp 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Synodensekretariats ergänzt werden.

Die Beratungsergebnisse einer Synode müssen laut der neuen Synodenordnung als Schlussdokument dem Papst vorgelegt werden. Sie bilden die Grundlage für sein sogenanntes Nachsynodales Apostolisches Schreiben, das er anschließend verfasst. Der Papst entscheidet, ob und in welcher Form dieses Schreiben veröffentlicht wird.

religion.ORF.at/APA/KAP

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